Nazar – Mosaik // Review

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(Chapter One / Universal)

Wertung: Drei Kronen

Manchmal spielt das Leben wie ein einarmiger Bandit. Hier multipliziert sich alles wie von selbst, da plätschert das Geschehen mühsam vor sich hin. Mit dem Musikmachen verhält es sich ähnlich, das weiß auch Nazar. Sein Album spielt nicht nur inhaltlich wiederkehrend auf die ständigen Achterbahnfahrten des Schicksals an, sondern ist auch in seinem Verlauf selbst ein gutes Beispiel für die Ambivalenz zwischen gelenkigem Geniestreich und angestrengtem Durchschnitt. Speziell die ersten Takte von »Mosaik« lassen ein hohes Maß an dramatischer und wütender Dynamik erahnen, während viele der nachfolgenden Tracks nicht daran andocken können. So wirken zu viele Tracks im Kern des Albums wie guten Gewissens skipbare Lückenfüller. Dass alles, was Nazar auszeichnet, am besten auf majestätisch-­aggressiven Klangteppichen mit verhältnis­mäßig hoher elektronischer Geladenheit funktioniert, ist dabei keine neue Erkenntnis. Obwohl die eine oder andere portionierte Autotune-Spitze auf nervösen Trap-Gerüsten dieses alte Rezept auf »Mosaik« sinnig ergänzt, gilt in seinem Fall doch bis heute: Je siegesbewusster und klarer der Puls der Produktion, desto besser ist sie. Aber eben auch: Je lässiger die Attitüde, desto austauschbarer erscheint das Ergebnis. Der hohe Anteil an Tracks mit letztgenanntem Vibe wird durch die sich im Laufe des Albums häufig wiederholenden ­inhaltlichen Pointen zudem nicht ­spannender. Nichtsdestoweniger muss ausdrücklich festgehalten werden, dass Nazar im Gesamtbild als arrivierter und verantwortungsbewusster Dolmetscher zwischen urbaner Straßenkultur und österreichischem Mittelstand taugt. Seine klaren und eloquent formulierten Gedanken haben nicht selten einen klugen moralischen Grundtenor, den er mit einem scharfen Gespür für Zeitgeist und Raum und einer stets reflektierten Analyse von Ursache und Wirkung zu koppeln weiß. Ganz davon abgesehen, dass er definitiv dazu berechtigt ist, seine Diskografie endlich um das obligatorische »Dis wo ich herkomm«-Album nachzurüsten.

Text: Alexander Barbian

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