Moses Pelham: »Eine der krassesten Lügen ist, Geld macht nicht glücklich« // Interview

-

Über Geld spricht man nicht? Und ob! Denn egal ob ¥en, €uro oder Dollar$: Bars über Kontostände und Luxusgüter sind im HipHop Usus, seit Labels sich Anfang der Achtziger erstmals großen Reibach mit dem gerappten Wort erhofften. In »C.R.E.A.M« lest ihr deswegen Gespräche, die sich um Mula drehen. Heute zu Gast: Moses Pelham.

Neun Millionen verkaufte Tonträger, unzählige Gold- und Platin-Auszeichnungen als Produzent für Sabrina Setlur, Glashaus oder Xavier Naidoo, als Rapper mit Rödelheim Hartreim oder als Solokünstler sowie Label-Inhaber von 3P. Wenn über Moses Pelham gesprochen wird, fällt schnell das Wort »HipHop-Legende«. Seit 1989 veröffentlicht der mittlerweile 49-Jährige schon Musik und ist damit einer der dienst-ältesten Rapper des Landes, die meiste Zeit sogar independent. Jetzt erscheint sein siebstes Studioalbum »Emuna«. Genug Gründe mal über Geld zu sprechen.

Moses, es heißt, du würdest kein Portmonee besitzen.
Moses Pelham: Das stimmt, ich habe mir aber noch nie darüber Gedanken gemacht. Als Jugendlicher hatte ich so ein Surfer-Portmonee mit Klettverschluss, das muss das letzte gewesen sein, das ich besaß. Ich habe heute einen Bargeld-Clip, aber locker seit 1992 oder 1993, seitdem habe ich auch nie mehr darüber nachgedacht, glaube ich (lacht).

Du hast als Firmeninhaber, Solokünstler und Produzent kommerziell alles erreicht, was man in Deutschland erreichen kann. Wieviel Bargeld trägt eine deutsche HipHop-Legende mit sich?
Moses Pelham: (lacht laut auf) Im Moment? Das weiß ich gar nicht genau, ich könnte nachsehen. Ich würde sagen, es reicht, um die Dinge, die ich heute kaufen könnte, in bar zu kaufen. Im Zeitalter von Kreditkarten ist das ja aber auch nicht mehr so wichtig.

Wann hast du das letzte Mal deinen Kontostand gecheckt?
Moses Pelham: Ende letzter Woche. Das ist normaler Teil des Tagesgeschäfts. Wenn Rechnungen freigegeben werden müssen, steht auf den Dokumenten auch immer, wie viel Finanzmittel wir aktuell zur Verfügung haben. Das löst in mir aber emotional nichts aus. Es gehört einfach zum Geschäft, den Überblick zu haben.

Was war dein allererster Job?
Moses Pelham: Ich habe mit 14 Jahren in einem Sportgeschäft gejobbt. Da habe ich Schuhe verkauft, das Lager aufgeräumt und solche Sachen. In dem Geschäft arbeiteten bereits Freunde von mir und für mich war es der coolste Laden, den es zu der Zeit gab. Im Gegensatz zu den anderen Shops gab es dort auch die Sportartikel, die mich persönlich interessierten. Da gab es Custom-Mades von Converse oder Nike-Schuhe. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber damals waren das seltene, begehrte Güter. Heute kriegst du das in jedem Deichmann hinterher-geschmissen. Das war auch kein Streetwear-Laden, da gab es überwiegend Sportartikel, vor allem Eishockey und eben immer mehr Basketball-Stuff.

»Ich glaube, eine der krassesten Lügen ist, dass Geld nicht glücklich macht.«

Du hast mit 15 Jahren einen Werbespot für L’Oréal eingesprochen. Wie bist du an diesen Job gekommen?
Moses Pelham: Mein Vater war Musiker und der Bassist aus seiner Band hatte zu einem Studio Kontakt, in dem dieser Spot produziert werden sollte. Es hieß dann, dass die einen Jugendlichen suchen, der rappen kann. Mein Vater sagte dann: »Oh, welch ein Zufall, mein Sohn rappt, der kann das machen.« Ich weiß nicht, ob es mein erster Besuch in einem Tonstudio war, aber es war alles sehr professionell, daran erinnere ich mich noch. Der Job war aus meiner Perspektive fantastisch bezahlt; einen Haufen Geld bekommen für Arbeit, die sich nicht wie Arbeit angefühlt hat. Es war nichts, was ich nicht auch so gemacht hätte. Es war auch spannend und aufregend von Erwachsenen, die dort etwas Professionelles produzieren, ernstgenommen zu werden. Vor allem für eine Fertigkeit, die außer mir und meinen Freunden eigentlich keinen interessierte. Das hat sich verrückt angefühlt.

War das auch deine erste Gage für »Musikmachen«?
Moses Pelham: Ich glaube schon. Ich habe es aber nicht so empfunden, da jetzt »endlich« Geld mit meiner Musik zu verdienen. Der Werbespot war ja auch nichts, was ich mir ausgedacht hatte. Es gibt aber einen Moment, der vielleicht nicht die erste Gage war, aber mir im Gedächtnis geblieben ist. Ich war im Crown Sound Studio, da muss ich gerade 16 gewesen sein. Eddie Action und Turbo B bereiteten sich gerade auf eine Show vor, die sie am Abend in einer Diskothek namens Plastik absolvieren sollten. Turbo fragt mich: »Moses, hast du nicht Bock, heute auch mit aufzutreten?« Na, logisch hatte ich das (lacht). Erstens war das eine Disko, in die ich überhaupt nicht reinkam, und zweitens: Auf der Bühne den Glatten machen ist sowieso mein Ding (lacht). Abends stehe ich also auf der Bühne, 16 Jahre alt, vor lauter 23-jährigen Frauen, die mich angucken, und ich denke mir nur: »Wow, läuft bei mir!« (lacht). Ich kann auch nicht genug betonen, dass ich in diese Disko eigentlich gar nicht reinkam! Danach drückte mir Eddie noch 50 Mark in die Hand. Das war so ein Dire-Straits-Moment: »Money for nothing and chicks for free«. Getränke waren auch noch umsonst, für mich war das alles richtig krass. Das war einfach der bis dahin beste Abend meines Lebens.

Du hast während deiner Schulzeit Mixtapes verkauft. Woher kam der Gedanke, deine Leidenschaft gleich mit monetärem Interesse zu verknüpfen?
Moses Pelham: Das klingt in der Erzählung immer viel geschäftsmännischer als es in Wahrheit gewesen ist. Für mich ging es eigentlich nur darum, mich wichtig zu machen. Und vielleicht gehört zu werden. Die Idee war nicht, damit reich zu werden oder viel Profit zu machen. Intellektuell habe ich mir es so zurechtgelegt: »Die anderen haben was von der neuen Musik und im Gegenzug kann ich mir von den Erlösen neue Musik finanzieren.« Ich wage es aber zu bezweifeln, dass mehr als drei oder vier Leute je den vollen Preis, den ich veranschlagte, gezahlt haben. Meistens lief es wohl eher so, dass ich mich doch auf Freundschaftsdeals eingelassen habe. Ich hatte einfach Bock, das zu machen – das war keine Geschäftsidee. Ich erinnere mich auch an eine Situation: Mit 15 bist du ja weit davon entfernt, ein Auto zu besitzen, das liegt außerhalb deines Spielraumes. Ich fahre aber eines Tages auf dem Rad durch den Stadtteil an einem Golf vorbei und da läuft ganz normal ein Lied, auf dem ich rappe. In diesem Moment habe ich mich wie ein Superstar gefühlt. »Guck mal, der ist erwachsen genug, ein Auto zu fahren und hört meinen Shit!« Wie krass ist das?

»Ich habe nie aufgehört, mir Sorgen zu machen« – auf Seite 2 geht es weiter mit Moses erstem Equipment, Lügen über Geld und seinem Berufswunsch als Jugendlicher.

5 Kommentare

  1. Sag mal, bin ich zu doof? Habe das Jahresabo im Januar abgeschlossen und bezahlt? Finde aber nirgends etwas wo ich mich einloggen kann um die Artikel zu lesen?!

  2. Versucht es mit einem anderen Browser. Bei mir geht es im Chrome nicht. Leider ist das Loginverfahren bei Juice leider nicht wirklich optimal allgemein. Möchte das Magazin zurück 🙁

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein