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Left Boy – Guns, Bitches, Weed

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Er kommt aus reichem Hause, residiert hauptsächlich in einem Künstler-Appartement in New York und fügt sich als neues Mitglied in die aktuell junge Rap-Kultur ein. Ferdinand Sarnitz aka Left Boy ist der Sohn des Wiener Multimediakünstlers André Heller. Wie sein Vater versucht auch der 23-Jährige Rapper, sein eigenes Ding zu machen und sich nicht nur auf ein Genre festzulegen. Er ist eigenständig und präferiert das DIY-Prinzip – Ferdinand produziert, schreibt und komponiert seine Songs selbst. Das erscheint nicht verwunderlich, denn der junge Wiener hat Tontechnik studiert und kennt sich daher explizit mit den Funktionen eines Synthesizers und Controllers aus. Aufgewachsen mit Nina Simone, Edith Piaf und dem Wu-Tang Clan, bewegt sich Left Boys Musik zwischen Electro, Dubstep, Rap und Pop.

Auf seiner neuen EP »Guns, Bitches, Weed«, die er kürzlich zum freien Download bereitstellte, kombiniert der selbstbewusste Lebemann Samples von unter anderem Eurythmics‘ »Sweet Dreams« und Vanessa Carltons Grammy-Hit »A Thousand Miles« mit seinen HipHop-, Electro- und Dubstep-Beats. Es fällt auf, dass dieser junge Rapper mit Hornbrille, der hauptsächlich Englisch spricht, primär mit der amerikanischen Musikkultur verwachsen ist. So könnte die EP auch eher von einem Freund von Childish Gambino stammen als von Ahzumjot.

Durchaus rappt Left Boy über Geld, Konsum und natürlich über Guns, Bitches und Weed, dennoch repräsentiert der Wiener nicht den Stereotyp eines Rappers, der aus der Marginalität mit seiner Musik in die Upper Class aufsteigen möchte. Wie auch? Er war ja immer ein Teil der Upper Class. Left Boy dreht die Gangsta-Thematik viel eher um: »I was born rich/I don‘t give a fuck about rims, a fuck about cars, a fuck about bling«, stellt er selbstbezüglich fest. Ferdinand Sarnitz schreibt seine Texte aus der Perspektive eines »rich kids«, der bisher noch keine Existenzsorgen hatte und mit liebevollen, Kunst-affinen Eltern aufgewachsen ist. Er unterscheidet sich von seinen ehemaligen Mitschülern, die mit Drogen dealen mussten, um sich Essen und Wohnung leisten zu können. Darum schätzt Left Boy neben seiner wohlbehüteten Kindheit auch die finanzielle Unterstützung seines Vaters, der die Video-Produktionen bezahlt. Allerdings: ganz ohne »bling« und »fame« kann sich der wohlsituierte Left Boy dann doch nicht auf der Bühne präsentieren.

Bei den Mixery HipHop Open betrat er die Bühne mit einer goldenen Krone auf dem Kopf, begleitet von einem Tänzer-Kollektiv, dessen Shirts die Buchstaben zu »Left Boy« bildeten. Als ob sie just aus einer Neunziger-Boyband entsprungen wären, trugen sie gleichfarbige Hosen und Shirts und tanzten ihre Choreografien. Dabei ist Left Boy jedoch kein lächerlicher, prolliger Atze, sondern rappt durchdacht und selbstreferentiell über seine Herkunft und prahlt mit seinen Möglichkeiten und den Resonanzen der Medien: »I sample what I want and I got a million views, interviews, dance-crews.« Nicht gerade rudimentär bringt Left Boy die Selbstverliebtheit in seine Texte ein: »I’m the guy in the clubs that everybody loves«. Dass Left Boy selbstsicher ist und zudem einen Hang zum Humoristischen hat, fällt im Video zu »Healthy Ego« auf, in dem er entspannt in einem Hausflur neben seiner 94 Jahre alten, Tee schlürfenden Großmutter sitzt und rappt (»Let me introduce myself, it‘s L.E.F.T. – dope!«) während amüsant verkleidete Gestalten vor beiden herumspringen und tanzen. Temporär erinnert diese Aufstellung an die Kuriosität Bonapartes.

Bei Left Boy basiert einiges auf einer ironischen, teils kritischen Ebene à la Odd Future. Er bedient sich Dreiecken bei Fotoshoots, reiht sich optisch in die Liga der Young-Hipsters ein und weiß, wie man stimmig komponiert und auf Radiohead und Vanessa Carlton rappt, ohne dass es sich nach einem Abi-Party-Song anhört.

(ff)

Foto: David Grigorian

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