Lazy Lizzard Gang: »Fühlst du nicht den Wald?« // Interview

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Vergiss mal Reptiloide, scheiß auf Killer Croc: Im Deutschrap-Game machen sich gerade Echsen breit, die weder die Weltherrschaft noch deinen Tod wollen, sondern mit jeder Menge Kush ein Movement der Liebe in Fahrt bringen. Nächster Schritt auf der Agenda ist ein Mixtape, das seinen Lifestyle in Anlehnung an eine bewährte Catchphrase verkaufen möchte: »Fühlst du nicht den Wald?«

Wodurch zeichnet sich das Waldlebensgefühl aus?
OG Kush Salamanda: Warst du schon mal sauer, traurig oder wütend und bist dann im Wald spazierengegangen? Pflanzen haben eine eigene Energie und absorbieren jegliche negativen Gefühle. Das ist für uns, gemeinsam mit dem Gefühl der Freiheit und der Verbundenheit mit dem ewigen Kreislauf des Lebens, das Gefühl des Waldes.

In welchem Wald haltet ihr euch gerade auf?
OG Kush Salamanda: In Iquitos in Peru, im ansässigen Regenwald. Dort haben wir auch das Tape aufgenommen.

Lief die Arbeit mit den Produzenten übers Internet, oder sind sie zu euch gekommen?
OG Kush Salamanda: Asadjohn hat uns besucht und hatte eine Kiste mit Beats von befreundeten Produzenten dabei. Da haben wir ein paar rausgepickt.

Wieso produziert ihr eure Musik nicht selbst?
OG Kush Salamanda: Wir sind schon dabei und produzieren mit. Eigentlich verzichten wir nur aus Bescheidenheit darauf, genannt zu werden. Der Sound, die Samples und manche Melodiefolgen kommen von uns, die haben wir irgendwo im Dschungel aufgeschnappt. Wir sind aber auch eher träge und faul. Wenn wir uns dransetzen würden, einen Beat zu bauen, dann würden wir das nächste Album erst in zehn Jahren rausbringen. Deswegen ist es gut, dass wir noch ein paar disziplinierte Menschen am Start haben, die das Ganze beschleunigen. Asad produziert schnell und macht das wett, was wir an Langsamkeit mit ins Boot bringen.

Wie seid ihr mit HipHop in Berührung gekommen?
OG Kush Salamanda: So richtig ist das eigentlich nie passiert, aber wir sind stark inspiriert von Menschen, die mit dem Urwald verbunden sind; Schamanen, die eine Art von Sprechgesang entwickelt haben. Daraus haben wir unsere eigene Formel gemacht.

Wie kam der Kontakt zu Young Krillin zustande, der ein Feature auf »Wald« beigesteuert hat?
OG Kush Salamanda: Erst mal Echsengruß an dieser Stelle. Young Krillin hat dem Projekt Liebe entgegengebracht, und das war der ausschlaggebende Punkt. Das zieht uns sehr an: Liebe, Freundlichkeit, Bescheidenheit.

Hattet ihr im Umkehrschluss Angst vor einem Beef mit Fler? Wegen eurer »Vibe«-Parodie?
OG Kush Salamanda: Wir haben Beef mit niemandem. Wir können uns nicht streiten, deswegen haben wir auch keine Angst vor Beef mit irgendwem.
Lil’ Lizzy: Den Gedanken haben wir nicht mal
OG Kush Salamanda: Wir haben nur Leaf.

Hat eure intensive Verbindung zu Drogen spirituelle Beweggründe?
OG Kush Salamanda: Erst mal passen sie sehr gut zu unserer namensgebenden Faulheit. Wir als Echsen haben sowieso nicht viel zu tun, und ob man jetzt mit oder ohne Kush rumliegt, ist eigentlich egal, macht das Ganze aber angenehmer.
Lil’ Lizzy: Wir haben da unterschiedliche Zugänge. Es ist schon eine spirituelle Sache, aber der Fokus sollte nicht zu sehr auf dem Kush liegen. Ich gehe mittlerweile mit etwas mehr Achtsamkeit durch die Welt.

Gibt es zwischen euch auch Meinungsverschiedenheiten?
Lil’ Lizzy: Ja, aber die sind produktiv, die sind wichtig.

Und eine Hierarchie?
Lil’ Lizzy: Wir haben Experten für verschiedene Sachen, bei denen holt sich jeder Rat.

Habt ihr euch angeschaut, wie menschliche Crews funktionieren, und versucht, aus den Fehlern, die dort gemacht wurden, zu lernen?
OG Kush Salamanda: Ich glaube nicht, dass man das 1:1 auf uns anwenden kann. Bei menschlichen Crews geht vieles durchs Geld auseinander, durch Egos oder Machtwünsche. Diese Fehler können wir nicht machen, Geld interessiert uns nicht. Generell interessieren uns Menschen aber auch nicht so sehr. Im Dschungel gibt es so viel, womit man sich beschäftigen kann. Ansonsten ist es aber ein ehrbarer Gedanke, sich mit den Fehlern anderer auseinanderzusetzen – das sollte man der Menschheit dringend ans Herz legen.

Habt ihr Fehler gemacht, aus denen die Menschen lernen können?
OG Kush Salamanda: Ich würde das positiv formulieren: Es gibt nicht unbedingt Fehler, die wir gemacht haben, aus denen ihr lernen könnt, aber ihr könnt aus dem lernen, was wir vorleben. Als Tier muss man nicht so viel lernen, man hat seine Instinkte, ist eingebettet in die Natur und erfüllt sein Leben.

Habt ihr bei eurem Kontakt mit Menschen das Gefühl, dass ihr Musik anders wahrnehmt als sie?
OG Kush Salamanda: Menschen sind auch unterschiedlich. Wir haben viel Kontakt zu Asad­John und Juicy Gay, und besonders bei Juicy Gay bin ich mir sicher, dass er alles ziemlich genau so fühlt, wie wir das tun.
Lil’ Lizzy: Wir haben kürzlich auf dem splash! eine wunderbare Erfahrung machen dürfen: mit der Wall Of Love. Da haben uns die Menschen sehr überrascht, dass die sich darauf eingelassen haben, fremde Menschen zu umarmen.
OG Kush Salamanda: Da kann man nochmal sehen, dass es unterschiedliche Menschen gibt. Die waren alle schon auf dem Weg zum Echsenstatus.

Plant ihr, häufiger in Deutschland aufzutreten?
OG Kush Salamanda: Ja, es ist eine ganz schöne Reise, immer viel Stress. Wir können das schlecht planen, wir kriechen ja nur an Bord von einem Schiff. Aber wir haben geplant, dieses Jahr ein paar Auftritte zu stemmen.

Welches Mitglied ist eigentlich euer ältestes? Und wie alt ist es?
OG Kush Salamanda: Ol’ Dirty Waran. Er ist älter als die Zeit.

Wie alt seid ihr beide?
OG Kush Salamanda: Es würde zu lange dauern, das nachzuzählen. Bin ich jetzt, glaub ich, zu faul dazu.
Lil’ Lizzy: Ich weiß es gar nicht.

Könnt ihr euch an eine Zeit ohne Menschen erinnern?
OG Kush Salamanda: Ich nicht, aber Ol’ Dirty Waran erzählt oft davon.

War es besser oder schlechter?
Lil’ Lizzy: Es gab auf jeden Fall eine Zeit, in der ich nur wusste, dass es Menschen gibt, aber keine gesehen habe. Jetzt sehe ich sie öfter; öfter als ich manchmal möchte.
OG Kush Salamanda: Der Waran sagt, dass es früher besser war. Aber oft finden Lebewesen ja die Zeit, in der sie aufgewachsen sind, besser als die gegenwärtige. ◘

Text: Sebastian Berlich
Foto: Sebastian Zemann

Dieses Feature erschien erstmals in JUICE #182 – hier versandkostenfrei bestellen.

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