»Wir haben noch nie HipHop produziert« // jaynbeats im Interview

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Wie nehmt ihr denn diese leidige Diskussion darum wahr, dass Produzenten zu wenig Aufmerksamkeit bekommen?

Jonas: In den USA gibt es ja immer schon Produzenten, die sehr bekannt sind. Da sieht man ja schon, wie man sich als Marke etablieren und funktionieren kann. In Deutschland hält sich das zwar noch in Grenzen, aber hier haben in den letzten Jahren auch immer mehr Produzenten mehr Aufmerksamkeit bekommen. Allein, weil man die Namen ja immer wieder liest bei den ganzen Deutschrap-Hits. Ich habe nicht den Standpunkt, ein Produzent muss genauso wie ein Rapper behandelt werden. Das sind auch zwei verschiedene Dinge. Wir sind ja aber trotzdem keine Dienstleister, wir sind Musiker. Wichtig finde ich, dass Credits gegeben werden und Leute die Chance bekommen, dich als Künstler auch wahrzunehmen. Du kannst ja niemanden zwingen, dem Produzenten deines Lieblingslieds auf Instagram zu folgen oder sowas (lacht). Aber du musst dich erkenntlich zeigen.
Timothy: Was dazukommt, ist, dass all diese Produzenten, die du als Stars bezeichnen kannst, auch enorm viel Arbeit dareingesteckt haben, um wahrgenommen zu werden. Das sollte man nicht vergessen. Viele Produzenten finden es blöd, dass sie immer ein bisschen nach hinten abfallen, aber für Aufmerksamkeit musst du eben auch was tun. Die Rapper präsentieren sich ja auch über alle möglichen Wege und Kanäle. Sie sind greifbar. 

Was war das Konzept hinter »Stoopid Tape Vol. 1«?

Jonas: Wir haben nur Berliner auf dem Tape. Wir haben zwar nichts gegen Leute, die nicht aus Berlin kommen, aber das hat sich einfach so ergeben. Die Leute, die mitgearbeitet haben, gehören alle zu demselben Kreis, der sich auch außerhalb der Musik versteht und abhängt. Die Rapper kennen sich auch alle untereinander. Das ist irgendwo die Message auch, dass wir im Berliner Untergrund alle miteinander connected sind. Es wird aber auch einen zweiten Teil geben, wo nicht nur Berliner gefeatured werden. Ein paar der darauf gefeaturten Artists liegen für einige vielleicht schon auf der Hand.
Timothy: Es reden ja auch aktuell viele darüber, dass in Berlin so viel passiert und so eine starke Verbundenheit herrscht. Das merkt man dem Tape auch an, obwohl das gar nicht der anfängliche Plan war. Anfangs haben wir einfach Musik gemacht. Vor circa einem Jahr hatten wir die Idee, ein eigenes Release zu machen, aber das auch nicht genauer definiert und dann kam eines zum anderen.

Der neue Untergrund von Berlin erlebt gerade einen kleinen Hype. Wie seid ihr überhaupt in diese Szene geraten?

Jonas: Eigentlich lernt man sich in erster Linie darüber kennen, weil man dieselbe Musik hört. Man trifft sich auf denselben Partys, hängt in den gleichen Studios und so weiter. Daraus ergibt sich ja automatisch eine Art Netzwerk, das auch ständig erweitert wird, in dem immer wieder jemand neues angeschleppt wird. Wir haben zum Beispiel relativ früh Yin Kalle kennengelernt und der wiederum hat irgendwann Kasimir mitgebracht. 
Timothy: Wir haben Kalle am Kleistpark in Schöneberg getroffen, wo er auch wohnt. Meine Uni hat dort Studios um die Ecke und wir haben eh schon Sessions dort mit Freunden gemacht. Er kam dann einfach irgendwann vorbei und der Vibe hat sofort gestimmt. Kasi war dann eben auch bald dabei, der hatte damals erst ein, zwei Songs draußen. 

»Viele Produzenten finden es blöd, dass sie so wenig Aufmerksamkeit bekommen, aber für Aufmerksamkeit musst du eben auch was tun.«

Timothy

Man stellt sich eine Aufnahmesession mit diesen Leuten recht chaotisch vor.

Timothy: Ja, das kann mitunter vorkommen. Ich würde aber sagen, dass wir recht produktiv und konzentriert daran gehen. Normalerweise hängen wir erstmal ab und zeigen uns gegenseitig Mucke, unterhalten uns und lassen einen Vibe entstehen. Daraus ergibt sich dann auch schon oft die Richtung, in die die Session geht. Manchmal geht das sehr schnell und auf dem ersten Beat wird schon aufgenommen, manchmal braucht es zwei, drei Anläufe. Die Sessions dauern so in der Regel von 21 Uhr bis 3 Uhr morgens, da entstehen dann normalerweise zwei, drei Songs. 
Jonas: Man kann das aber gar nicht so genau festlegen. Es kommt voll auf die Atmosphäre an. Wir haben auch Sessions gehabt, die in einer Partyrunde endeten, wo wir auch gar keine Mucke mehr machen, sondern nur chillen, weil dann ein paar mehr Leute vorbeigekommen sind. Manchmal trifft man sich aber nur zu dritt, um wirklich produktiv zu sein. Wir machen das ja jeden Tag, es ist immer ein bisschen anders.

Aber gerade wenn Drogen im Spiel sind, kann die Situation schnell ausarten. 

Timothy: Solche Sessions nennen wir immer »Abfuck-Sessions«. Darüber reden wir tatsächlich oft. Wir versuchen immer mehr zu vermeiden, es so ausarten zu lassen. In solchen Sessions sind natürlich auch echt krasse Tracks entstanden, aber die guten kommen meistens eher, wenn man fokussiert ist. Wir sind selbst sind keine Drogenkonsumenten, aber haben damit jetzt auch kein konkretes Problem. Bei vielen Rappern gehört es ja auch irgendwie dazu, sei es aus Image- oder Soundgründen. Problematisch wird es nur, wenn immer mehr Leute dazukommen, die eigentlich gar keine Musik machen und nur mitgeschleppt werden. Wir haben ja auch in meiner Uni aufgenommen und da gab es schon ab und an Stress hinterher. Das dämmen wir aber immer mehr ein.

Welche Session für das »Stoopid Tape« ist euch in besonderer Erinnerung geblieben?

Timothy: Ich fand die Session mit Mx42 und Mike Moto cool. »42 Flow« ist auch eher spontan entstanden, das haben wir vielleicht 3 Wochen vor Veröffentlichung erst aufgenommen. Wir haben zu viert gechillt und einen echt entspannten Abend gehabt, ohne Druck, neun Stunden lang, wo auch mehrere Songs entstanden sind. Das war ein guter Vibe. Die Jungs werden auch noch groß, denke ich,
Jonas: Das sind auch die besten Sessions, wenn man mehr als einen Song schafft. Man hat ja auch verschiedene Vibes über den Abend und die Songs bilden das häufig ab. Häufig ist es so, dass der dritte Track dann etwas ruhiger wird, weil die Luft ein bisschen raus ist. Das werden aber auch oft die stärksten Ergebnisse. 

Mitunter werden Sachen auf euren Beats gesagt, die problematisch sind wie etwa Drogenverherrlichung, Frauenverachtung o.Ä. Wieviel Einfluss nehmt ihr auf die Inhalte der Rapper?

Timothy: Gerade, was diese problematischen Inhalte angeht, sollte man bedenken, dass es auch nur zur Unterhaltung gedacht ist. Oft sind das auch einfach nur witzige Lines, die überhaupt keinen Bezug zu einer Diskussion oder einer konkreten Person haben. Da geht es nur um das Bild, das kann man schon fast als inhaltslos bezeichnen (lacht). Viele wollen ja auch gar keine Message transportieren, denen geht es nur um Sound und Vibe.

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