»Wir haben noch nie HipHop produziert« // jaynbeats im Interview

-

Berlin bleibt hart. Fast unbemerkt hat sich binnen der letzten drei Jahre eine neue Legion junger und hungriger Rap-Soldaten im Underground der Hauptstadt formiert. Doch bevor sich darüber den Kopf zerbrochen werden muss, ob man Acts wie Pashanim, Symba oder Yin Kalle mit ihren hundertausendfach geklickten Videos und Streamingsingles noch als Geheimtipp labeln kann, ist ihnen allen etwas gemein: Vibe ist ihr Anliegen, Untergrund ist ihre Haltung und Trap ist ihr Sound. Zwei der wichtigsten Architekten hinter diesem Kosmos sind Timothy und Jonas von Jaynbeats. Das Produzententeam aus Berlin hat unter anderem die beklemmenden Horro-Story-Pianos von Kasimir1441s »T-Shirt« komponiert, aber auch den 65 Goonz oder Hugo Nameless bereits zahlreiche Trap-Bretter gezimmert. Vergangenen Freitag erschien das erstes Release von jaynbeats namens »Stoopid Tape Vol. 1«, auf dem das Duo einen Querschnitt der neuen Rap-Generation aus Berlin präsentiert. JUICE sprach mit den beiden Beatmakern über Minimalismus, Flötenbeats und Abfuck-Sessions.

Wie geht ihr damit um, wenn eure Musik als »Trap« bezeichnet wird?

Jonas: Trap ist schon die passendste Bezeichnung. Wir haben noch nie HipHop produziert. Auch wenn man Trap als Subgenre von HipHop zählen kann, wir identifizieren uns eher mit Trap. Der Unterschied sind die Beats, der Bounce ist ganz anders, die Sounds sind elektronischer. HipHop hat mehr natürliche Elemente, das kommt ja aus dem Sampling im Ursprung. Trap ist eigentlich Computermusik im Endeffekt.
Timothy: Bei HipHop habe ich auch das Gefühl, dass es mehr Grundregeln gibt. Standartmäßig bewegt sich das Tempo immer irgendwo zwischen 88 und 95 BPM und es gibt mehr Kategorien, worin man das abstufen kann. Bei Trap ist mehr möglich.

Ihr habt also noch nie einen so »klassischen« HipHop-Beat gemacht?

Jonas: Auf dem Level, wie wir jetzt Trap machen, haben wir noch nie HipHop produziert, nein. Meine allerersten Beats haben sich zwar schon irgendwie an HipHop orientiert, aber das war eher eine Findungsphase. Wir haben sicher auch schon eher HipHop-mässige Sachen gemacht, gerade, wenn es etwas chilliger werden soll. Aber wir haben einfach viel weniger Zeit in HipHop-Beats gesteckt als in Trap. 
Timothy: Es gibt auch ein paar Beats von uns, wo man vielleicht nicht genau sagen kann, ob das jetzt HipHop oder Trap ist, weil es Elemente von beiden Produktionsarten hat. Zum Beispiel ein paar Tracks mit Kasimir, wo es vom Tempo her auch eher Richtung HipHop geht. Aber da stecken dann wieder so viele Trap-Sounds drin, dass es eigentlich nicht klar als HipHop anzusehen ist, finde ich.

Wie seid ihr musikalisch sozialisiert?

Jonas: Das ist bei uns komplett unterschiedlich. Ich hatte in meinem Leben bis dahin nur wenig musikalische Berührungspunkte eigentlich. Vor vier, fünf Jahren hab ich mit Kumpels angefangen, Musik zu machen. Die haben alle gerappt, ich habe halt Beats gebaut. Aber das war nicht super-professionell. Als ich vor zwei Jahren Timothy kennengelernt habe, wurde das anders. 
Timothy: Ich komme aus einer anderen Ecke. Ich mache schon lange Musik und habe auch Gitarre gelernt. Vor vier Jahren habe ich dann angefangen Musikproduktion zu studieren. Deswegen bringe ich auch technisches Wissen mit, was ich im Studium gelernt habe, auch Musiktheorie und solche Dinge. Das ist ja dann so der klassische Weg, schätze ich. Ich hatte mit HipHop auch nicht viel am Hut, sondern komme eher aus dem Rock und habe auch in Bands gespielt, als Gitarrist und Sänger. Das war auch stilistisch völlig unterschiedlich. Eine Band war mehr so 80s-Rock, eine andere hat sich mehr an Alternative Rock wie z.B. Billy Talent orientiert. Ich würde mich auch nicht auf ein Genre beschränken, ich kann jeder Musik etwas abgewinnen. Ich habe einfach immer das gemacht, worauf ich gerade Bock habe. 

Wie seid ihr denn dann auf den Trichter gekommen, Beats zu machen? 

Jonas: Ich habe einfach immer viel Musik gehört, vor allem US-HipHop. Irgendwann kam die Trap-Welle und dann dachte ich mir: »Wir können das ja auch mal ausprobieren.« Meine Kumpels wollten halt rappen und dann habe ich mir so eine Free-Software heruntergeladen. Die lag dann eine Weile auf meinem Laptop rum und irgendwann habe ich aus der Laune heraus, plötzlich jeden Tag einen Beat damit gemacht. Ich erinnere mich aber nicht mehr, welche Software das war. Ich habe noch nie von jemand anderem gehört, der dieses Programm benutzt hat (lacht). Die war aber auch komplett Trash. 

Woran habt ihr euch anfangs orientiert? Wenn man anfängt, sich mit Beatmaking zu beschäftigen, muss man sich das Feld ja erstmal erschließen.

Jonas: Ich habe alleine als Jaynbeats angefangen, Timothy kam irgendwann dazu. Viele kopieren den Stil von anderen und machen das, was gerade in der eigenen Stadt angesagt ist. Eine eigene Linie zu finden, dauert auf jeden Fall länger, aber das war schon mein Anspruch. Ich habe gut drei Jahre gebraucht, bis ich sagen konnte, dass das etwas Eigenes ist. Metro Boomin, Shoreline Mafia und Splurge würde ich hier als meine Hauptinspirationen nennen. Ich glaube, das hört man auch bis heute in den Drums. Timothy war die ideale Ergänzung, weil er sich eher an Harmonien und Melodien orientiert. Meine Melodien waren nie so ausformuliert, dafür fehlt mir einfach die musikalische Ausbildung, schätze ich. Die Soundfindung an sich war aber schon abgeschlossen, als Timothy dazukam. Ich mache die Drums, er die Melodien.
Timothy: Diese Aufteilung haben wir im Grunde bis heute beibehalten, das funktioniert eigentlich wie eine Band. Zusätzlich übernehme ich dann auch noch die technischen Dinge wie Recording und Mastering. 

»Wenn deine Möglichkeiten limitierter sind, wirst du kreativer«

Timothy

Bist du ein Tech-Nerd?

Timothy: …wenn ich unbegrenzt Geld hätte, würde ich unbegrenzt Geld ausgeben (lacht). Allein, was man man sich alles an Equipment zulegen könnte, ist ja ein unendlicher Kosmos und man kann es immer noch ein Stück geiler machen. Ich setze mich schon damit auseinander und finde das spannend. Aber gleichzeitig sehe ich es so, je mehr Tools du hast, desto mehr schränkst du dich ein. Ich habe das Gefühl, wenn deine Möglichkeiten limitierter sind, wirst du kreativer. Ich würde nicht alles auf den Kopf hauen, um das krasseste Equipment zu haben, aber ich halte mich da schon auf dem Laufenden. 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein