»In der Zukunft werde ich nur noch stärker und erfolgreicher werden, das kannst du mir glauben.« // Kaaris im Interview

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RET // Fouad ALLAOUI

 

Das Département 93 Seine-Saint-Denis, einer der verrufensten Vororte von Paris, hat in den letzten Jahren zahlreiche Rapper hervorgebracht. Neuester Spross dieser trostlosen Gegend, der den französischen Rap-Mainstream durcheinanderwirbelt, ist Kaaris. Dank seiner einzigartigen, rauen Stimme, sowie seiner vulgären, aber poetischen Texte schaffte er es, trotz lediglich zwei veröffentlichten Mixtapes in den vergangenen zehn Jahren, auf den Schirm von Booba. Seitdem geht es für ihn steil nach oben. Zu Recht. Denn Kaaris ist kein Traditionalist. Ganz im Gegenteil. Er gehört zu jener Generation von Rappern, die musikalisch stets nach vorne blickt. Folgerichtig flowt Kaaris meist über ruppige Trap-Beats und arbeitet mit denselben Produzenten wie Mentor Saddam Hauts-de-Seine. Wir trafen den MC anlässlich der Veröffentlichung seines ersten Albums »Or Noir« zur Listening Session, sowie zum anschließenden Privat-Plausch.

Kaaris, in Frankreich lernten dich viele durch deine Strophe auf dem Song »Criminelle« von Boobas Mixtape »Autopsie Volume 4« kennen. Wie hast du Booba kennen gelernt?
Über DJ Medi Med, den offiziellen DJ der 92I-Booba-Posse. Er rief mich eines Tages an und sagte mir, ihm habe ein Song, den ich mit Despo Rutti gemacht hatte, sehr gut gefallen. Im Anschluss zeigte er Booba meine Mixtapes und auch der war direkt angetan. Und genau deswegen wollten sie mich für ein paar Tracks von »Autopsie Volume 4« gewinnen. Zum Glück haben wir uns dann auf künstlerischer, wie auch auf privater Ebene direkt sehr gut verstanden. Wir gingen ins Studio und haben sofort geklickt. Wenig später stellte man mir dann auch Boobas Produzenten Therapy vor. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Dadurch, dass Booba ein international anerkannter Künstler ist, öffneten sich mir innerhalb kürzester Zeit viele Türen. Plötzlich mochten immer mehr Menschen meinen Trap-Rap und ich konnte mir eine Fanbase aufbauen. Die Medien, sowohl die Blogs, als auch die Magazine feierten meinen Scheiß. Das veranlasste mich wiederum dazu, einige Videos zu drehen. Viel Zeit zum Schlafen bleibt da nicht, aber ohne harte Arbeit wäre ich auch nicht der Star geworden, den heute immer mehr Menschen in mir sehen.

Du bist, als einer von wenigen französischen Rappern, auf Boobas letztem Album »Futur« gefeaturt. Wie erklärst du dir, dass er dich in einer Riege mit US-Stars wie Rick Ross und 2 Chainz zu sehen scheint?
Ich stecke ja nicht in seinem Kopf drin. Aber ich weiß eines: Ich habe viel durchgemacht und all den Erfolg, den ich aktuell habe, auf jeden Fall verdient. Ich arbeite seit Jahren jeden Tag an meinen Lyrics. Das ich nun auf einem der meistverkauften Alben des Jahres gefeaturt bin, ist natürlich ein Ritterschlag für mich. Booba hätte das ja nicht tun müssen. Wir kennen uns ja auch erst seit zwei Jahren. Ich verdanke ihm definitiv viel. Dennoch bin ich nicht sein Protegé. Ich bin mein eigener Boss. Ich erkenne nur einen Menschen als über mir stehend an: meine Mutter.

Du hast unlängst bei AZ unterschrieben, einem Label, das mit dem Major-Riesen Universal kooperiert und bei dem zahlreiche Hardcore-Rapper unter Vertrag stehen. Wie erklärst du dir, dass man dich dort signen wollte?
Ganz einfach: Ich bin hungrig. Seitdem ich mit Booba im Studio war, habe ich so viel erreicht. Ich habe klassische Tracks wie »Zoo« gemacht. Ich habe viele Konzerte gespielt und für »Kalash«, einen großen Underground-Hit, erneut mit Booba zusammen gearbeitet. Außerdem habe ich Chris Macari engagiert, um meine Videoclips zu drehen. Warum sollte man mich also nicht in seinem Team haben wollen?

Ich war vor Kurzem bei einem Konzert von Booba im Zénith in Paris. Dort bemerkte ich mehrfach, wie unwahrscheinlich viele Menschen deinen Namen riefen. Wieso warst du an diesem Abend eigentlich nicht da?
Obwohl ich schon lange rappe, habe ich bisher keine großen Erfahrungen mit der Musik-Industrie. Von Verträgen hatte ich lange keine Ahnung. Und in diesem speziellen Fall hatte ich mit einem anderen Pariser Veranstalter einen Exklusiv-Deal abgeschlossen. Ich durfte mich also einfach nicht auf der Bühne zeigen. Das ist natürlich einerseits schade. Auf der anderen Seite freut es mich jedoch sehr, dass die Menge nach mir verlangte. Auch wenn danach natürlich viel geredet wurde. Man unterstellte Booba und mir, wir würden persönliche Probleme haben. Das ist völliger Quatsch. Aber so ist das nun mal. Die Leute reden, vor allem im Internet. Aber das tangiert mich nicht wirklich, ich arbeite einfach weiter.

Welche Erfahrungen hast du in den letzten Monaten noch mit der Industrie gemacht?
Nicht nur gute jedenfalls. Die Industrie ist voller Schlangen, Mann. Nur ein Beispiel: Als ich an meinen Mixtapes arbeitete, fragte ich sehr viele Rapper nach Features. Keiner wollte mit mir arbeiten. Jetzt habe ich ein erfolgreiches Album draußen und plötzlich hängen genau diese Leute mir am Sack. Sie betteln förmlich darum, mit mir zu arbeiten.

Verschafft es dir Genugtuung, dass du auf ein mal ein großes Publikum hast und dich von den Straßenjungen, bis zu den Frauen in den Pariser Clubs alle zu mögen scheinen?
Auf jeden Fall. Aber ich habe es mir auch einfach verdient. Ich bin halt fresh, weißt du? Mir gefällt es übrigens sehr, Erfolg zu haben. Wenn mich kleine Kinder auf der Straße erkennen und mich anquatschen, dann freut mich das sehr.

Kürzlich outeten sich auch Fußballstar Nicolas Anelka und Leichtathlet Teddy Tamgho als Fans. Was bedeutet dir das Lob solcher Leute?
Zunächst mal war ich natürlich von den Socken. Momente wie diese bestätigen mir: Ich bin jetzt in der großen, weiten Welt angekommen. Aber Anerkennung bedeutet mir allgemein viel, ganz gleich, ob sie von Stars oder ganz normalen Menschen kommt. Am Ende des Tages ist es aber auch gar keine große Überraschung, dass zum Beispiel Leute wie Tony Parker auf meine Musik stehen, schließlich hört die ganze Welt Hardcore-Rap. Warum sollten solche Stars da anders ticken?

Booba ist der einzige Feature-Gast auf »Or Noir«. Warum?
Ganz einfach: Ich wollte den Fokus auf mich legen und mein eigenes Universum erschaffen. Features habe ich in der Vergangenheit schon mehr als genug macht. Auf meinem Debütalbum sollte es nur um mich gehen.

Die erste Single von deinem Album »Paradis ou enfer« lief im Radio auf Rotation. Ziemlich ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass das Mainstream-Radio heute eigentlich nur noch Pop- und R’n’B-beeinflussten Rap spielt, oder?
Das hat mich auch überrascht, spricht aber andererseits auch für die Qualität meiner Musik. Ich brauchte keine Frauenstimme in der Hook, um auf Skyrock gespielt zu werden. Ich mache eben Gangstarap, Trap Music und habe es damit ins Radio geschafft. Das beweist mir, dass ich bisher alles richtig gemacht habe und motiviert mich ungemein.

Text: Fred Hanak
Übersetzung: Matthias Jost
Foto: Fouad Allaoui

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