Goldroger – Diskman Antishock // Review

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(Irrsinn Tonträger)

Wertung: Fünf Kronen

Hand aufs Herz: Wann hast du zum letzten Mal ein Album gehört, das du nicht mit den fünf meistgebrauchten Wörtern deines Musik-Schlagwortverzeichnisses abstempeln konntest? Das nicht klingt wie das letzte Tape von diesem Künstler und dich nicht an diesen einen Track von jenem Künstler erinnert? Ein Album, von dem du deinen Freunden erzählst, aber nicht weißt, wo du anfangen sollst? Bei dieser Stimme und ihrem Einsatz, der regelmäßig die Grenzen des guten Tonleitergeschmacks austestet? Bei einem Soundbild, das ohne Schwimmflügel und Schnorchel ganz weit raus paddelt, über Pop- und Indie-Wellen surft, stetig im stoischen Lichtkegel des heimischen Rap-Leuchtturms schwimmend? Bei Inhalten und Lyrics, die sich offensiv an Pathos und Melodramatik ranschmeißen, mit ihrer linken Hand versteckt hinter ihrem Rücken aber fest an der Rationalität festhalten? Ja ja, du mal wieder. Hast also irgendein Stück Musik ausgegraben, das die vielzitierten »Genregrenzen« sprengt, das sich nicht von den schlimmen »Trends« hat vereinnahmen lassen und dem man eine »echte künstlerische Intention«, puh, attestieren kann. Als du »Diskman Antishock« dann auch noch provokant, aber selbstbewusst als die vielleicht »radikal-modernste Gegenwartsweiterdenkung« von »XOXO« bezeichnest, wechseln deine Freunde das Thema. Aus den verbrauchten WG-Küchen-Boxen säuselt Summer Cem »Der Beat geht ba-bam-ba-bam/ (…) Easy, easy, tamam, tamam/« und du würgst den Klos im Hals mit einem Schluck deines lauwarmen Bieres runter. Selbst schuld, du musstest ja so viel reden. Also tust du, was man mit dem ersten Teil dieses Albums (der zweite erscheint im März 2020) am besten tun kann: Du nimmst es mit auf den Heimweg, verpasst bewusst die Bahn und nimmst die 21 Gehminuten in Kauf. Du läufst Umwege mit diesen Songs, du legst dich in sie rein, du liebst ihren Tiefgang und hasst, was er mit deinem angetrunkenen Du macht. Du setzt dich auf diese eine Parkbank, da ganz weit hinten, und ergötzt dich an den Persönlichkeiten von »Speedball Drive« und »Halt«, an der trüben Eingängigkeit von »Bomberman« und »Potion«. Endlich, mal wieder was zum Fühlen, was zum sich richtig scheiße und sich zeitgleich überwältigt ob der musikalischen Innovation fühlen. »Geil«, sagst du leise, als du die Kopfhörer rausnimmst und Richtung Bahn läufst.

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