(Epic / Freebandz)
Ist er noch Künstler oder schon eigenes Genre? Der Prototyp Future hat noch mehr Nachahmer als Nah-Sager. Oft kopiert, nie erreicht, von Almans eh zu wenig gewürdigt, machte die Formel aus Autotune-ATLien, R’n’B-Crooner und, unbedingt, Topspitter den Hybrid in der letzten Saison zur treibenden Kraft der Popwelt. Mit der Quantität war das schon immer so eine Sache bei Nayvadius Wilburn, dem kleinen Cousin des Dungeon-Family-Oberhaupts und Organized-Noise-Genies Rico Wade. Die Mixtape-Maschine veröffentlicht im Schnitt zwei Großprojekte pro Jahr, tourt sowieso ständig, ghostwritet Hit-Hooks und füllt auch gerne mal ein halbes Khaled-Album oder DJ-Esco-Tape. Innerhalb von sieben Tagen mit zwei Alben auf die Eins zu gehen – kommt jetzt auch nicht jeder auf die Idee. Als er Anfang Februar Beatles-mäßig die Charts mit dem Jackyl-und-Hyde-Doppelprojekt »Future« und »HNDRXX« penetrierte, war zuerst nicht klar, ob so viel Future noch gut tut. Reichen 130 Minuten schon für den Overkill? Zumal bei Future eh gilt: Kennst du einen, kennst du alle. Aber eben auch: Feierst du einen, feierst du alle. Als Freebandz-Hardcore schluckt man das runter und gesteht sich heimlich ein, dass es auch ein Album getan hätte. Dabei unterscheiden sich »Future« und »HNDRXX« wie Tag und Nacht. Das hittigere »HNDRXX« schielt, mit starkem Weeknd- und nervigem Rihanna-Feature, klarer auf die Billboards, blickt noch tiefer in die Seele des legitimen Outkast-Erben und schlägt gegen Ende wieder auf die Nieren. Die großartigen Schmonzetten »Solo« und »Sorry« setzen den Schlusspunkt von Futures bisher stärkstem Major-Gesamtwerk. »Future«, das zuerst erschien, ist der böse Bruder, die Schattenseite des Showbiz, die Demaskierung; quasi das Mixtape, das die Bedürfnisse der Dat-Piff-Community bedient. Dunkel rumpeln die Metro-Boomin-Kicks, zupfen die Southside-Streicher, stockt und rollt der nasale Future-Flow, bevor Zaytoven mit seinen Blues-Balladen »When I Was Broke« und »Feds Did A Sweep« die Wolkendecke aufreißt: »From Foodstamps to a whole nother domain.« Die Meme-Madness zum Opiat-Opus »Mask Off« – einem der stärksten Future-Momente überhaupt – ließ erst das Internet zusammenstürzen und sorgte dann für eine weltweite Flute-Beat-Flut. Lasst den Mann in seiner Zone, er weiß, was er da tut.