Das Konzept dieser Kolumne ist: Ich beantworte eure Fragen, die ihr zu HipHop habt. Dieses Konzept werde ich nicht in jeder Ausgabe durchhalten, aber ich versuche es.
Fangen wir an mit Mascha F. Sie hat folgende Frage gestellt: »Ist es okay, als Frau Rap zu hören, der Frauen auf ein bestimmtes Bild beschränkt? Ganz ehrlich: Belächelst du Frauen, die so was hören?«
Allein der Umstand, dass du diese Frage stellst, ist ein Beleg eines »Problem«-Bewusstseins. Du setzt dich damit auseinander und suchst eine Antwort für deinen Zwiespalt. Denn einerseits bist du dir darüber im Klaren, dass es sexistisch und frauenverachtend ist, was manche Rapper so erzählen, und verstehst gleichzeitig auch, warum es Menschen gibt, die das kritisieren. Andererseits gefällt dir dieser Rap aber offenbar so gut, dass du nun in dieser Zwickmühle steckst. Für mich stellt sich das so dar: Wenn du selbst zur persönlichen Erkenntnis gelangst, dass du damit kein Problem hast, welches Recht hätte ich dann, dich dafür zu belächeln? Und wenn du damit klar kommst, warum juckt es dich dann überhaupt, was ich davon halte? Allein, dass du dir die Frage selber stellst, ist wichtig – und dass du deine eigene Antwort auf diese Frage findest. Natürlich solltest du dir die Frage immer mal wieder stellen, denn Einstellungen verändern sich im Leben. Ich beantworte viele meiner persönlichen Fragen heute vollkommen anders als vor zehn Jahren. Aber solange du eine bewusste Entscheidung triffst, und auch bereit bist, dich dafür gerade zu machen, werde ich dich nicht belächeln. Eher fürchten. Natürlich wird es trotzdem Menschen geben, die dich für deine Entscheidungen belächeln; die denken, dass du ein Opfer bist. Und es wird auch Menschen geben, die versuchen werden, dich davon zu überzeugen, dass du in allem Unrecht hast; die dir versuchen klarzumachen, wie dumm du dich verhältst, oder die dir ein schlechtes Gewissen einreden wollen, weil du Frauen damit schadest. Sie werden an deine Verantwortung appellieren. Vielleicht haben sie sogar recht. Aber solltest du zu dieser Überzeugung gelangen, dann wirst du entsprechend handeln. Es wird aber auch richtig dumme Wichser geben, die denken, dass du eine Schlampe bist; die versuchen werden, dich herabzuwürdigen – genau so, wie es in den einschlägigen Rapsongs passiert; und die sich dann damit rechtfertigen werden, dass du schließlich diese Musik feierst, in der Frauen als Schlampen beschrieben werden. Aber: Das ist natürlich absoluter Bullshit. Denn selbst, wenn du genau das tun würdest, was in diesen Songs beschrieben wird, dich also genau so verhalten würdest, wie diese Frauen in den Songs beschrieben werden, dann wäre der Unterschied immer noch der, dass du es aus einer bewussten Entscheidung heraus tust. Wer wollte deine freie Entscheidung dann kritisieren? Und, um mal Ice-T zu zitieren: »Some of you ni***z is bitches, too.« Die Männer in diesen Songs sind dann auch Schlampen, aber sie müssen sich sehr selten dafür kritisieren lassen. Es gibt für diese Männer nicht mal ein Schimpfwort im Deutschen, das so negativ besetzt ist wie »Schlampe«.
um mal Ice-T zu zitieren: »Some of you ni**Z is bitches, too.«
Dennis H. stellt folgende Frage: »Mich würde interessieren, was du zu der Thematik sagst, dass Trap in Deutschland gehypt ist. Bist du der Meinung, dass man Leute wie LGoony lediglich deshalb geil findet, weil andere sich beim Versuch, deutschen Trap zu machen, sehr viel schlechter anstellen? Oder ist das tatsächlich schon qualitativ hochwertig genug, um dem Hype gerecht zu werden?«
Die Frage beantwortet sich irgendwie schon selbst. Es gibt wesentlich mehr Trap-/Cloud-Rapper als die fünf bis sechs, die momentan alle kennen. Die haben aber nicht alle denselben Erfolg – wie bei den Rucksackrappern auch. Das hat dann nicht mehr viel mit einem Hype zu tun, sondern damit, ob man es schafft, die Leute mit seiner Musik anzusprechen. Die Fans von LGoony oder Money Boy sind ja keine ferngesteuerten Idioten – zumindest nicht alle. Joke. Aber Ferngesteuerte gibt es überall. Am Ende ist es eh immer dasselbe: Ein Hit ist ein Hit ist ein Hit.
Andreas H. stellt folgende Frage: »Wieso herrscht im Deutschrap so ne Malochermentalität? Viele schaffen erst den großen Erfolg mit der vierten, fünften, sechsten Platte. Und der Output mancher Rapper ist extrem hoch, was meiner Meinung nach oft zu Lasten der Qualität geht.«
Viele Rapper müssen sich über einen längeren Zeitraum eine Fanbase aufbauen. Das kann an verschiedenen Dingen liegen, und die besonders zugänglichen Rapper schaffen es am Ende in den Mainstream. Diejenigen wiederum, die es nicht allen so leicht machen, brauchen länger. Das bedeutet aber auch, dass deren Einnahmen nicht so hoch sind. Es gibt Rapper, die verdienen so viel wie ein Angestellter, bekommen ihr Geld allerdings unregelmäßiger. Um dann den notwendigen Cashflow aufrecht zu erhalten, muss man regelmäßig releasen. Und selbst wenn man das tut, ist nicht gesichert, dass man auch genug verkauft. Unter diesen Bedingungen ist es schwer, sich einfach mal drei Jahre Zeit zu lassen bis zum nächsten Album.
Text: Falk Schacht
Foto: Delia Baum
Dieses Feature erschien erstmals in JUICE #174. Back-Issues können im Shop versandkostenfrei nachbestellt werden.