Die Beleidiger – Die Erde ist eine Scheibe // Review

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(Entourage-Business/Rough Trade)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Aus gegebenem Anlass und zum derzeitigen Aufenthaltsort eines Beleidigers: die intellektuelle Unterfütterung von “D.E.i.e.S” durch Pablo Neruda. “So soll die Dichtung aussehen, die wir suchen, die nach Urin und weißen Lilien riecht. Wer sich vor dem Geschmacklosen fürchtet, den holt der Frost.” Aber ey, nur weil du irgendein Buch gelesen hast, heißt das nicht, dass du mit dem Retrogott irgendetwas zu bereden hast. Oder mit dem Radira. Oder dem Aufnehmer. Wer sich nämlich nach “Der Stoff, aus dem die Regenschirme sind” erneut auf die Suche nach der versteckten Agenda hinter all den zerhackten Managerschwänzen macht, wird wieder nichts finden. Außer vielleicht der Einsicht, dass er wack ist und um sein Leben fürchten muss. Zugegeben, das hätte man sich auch vorher denken können, wenn Sylabil Spill und Huss & Hodn die lang angekündigte gemeinsame Sache öffentlich machen. Dass man aufs Neue seine helle Freude am Gemetzel haben wird, allerdings auch. Der Vollständigkeit halber: Ja, es gibt einen Haufen verjazzte loops, Sylabil Spill holt einmal tief Luft und schmeißt mit Steinen und Zwiebeln und der Retrogott ist funkiger als Theodor ­Adorno, sowie verantwortlich für Hitlers Selbstmord. In den besten Momenten entspannt sich zwischen Sylabils Lawinen-Flows und des Retrogottes Vorlesungen zur Hurensohnologie dasselbe Tag-Team-Gefühl, das klassische Duos wie Phife und Q-Tip auszeichnet. Angenehm durchzuhören ist das natürlich trotzdem nicht, stattdessen funktioniert “D.E.i.e.S.” aber als sehr gute Battlerap-Platte ebenso wie als erneutes Statement gegen die Blaupausierung von dem, was ein Beleidigerfeindbild für eine Karriere im Musikgeschäft halten würde. No harms und no surprises, also, dafür glänzende Unterhaltung. Bei Entourage glaubt noch immer keiner dem eigenen Hype und unprofessionelle Musik stand und steht eben nicht zur Disposition.

 

Text: Julian Brimmers

 

 

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