Balbina ist vielleicht die nächste große Pop-Hoffnung aus der Hauptstadt. Am kommenden Freitag erscheint die Debüt-EP der Sängerin, auf der sich unter anderem Orsons-Viertel Maeckes die Ehre gibt. Ihr gemeinsamer Song »Seife« stieß bereits auf offene Kritiker-Ohren. Doch damit nicht genug, denn für den Remix konnte Balbina auch noch M.O.R.-Gründungsmitglied und Untergrund-Urgestein Justus Jonas mit ins Boot holen. Wir haben die beiden über ihre überraschende Kollabo ausgefragt – und liefern euch den »Seife«-Remix als exklusiven Download.
Diese Kollaboration kam durchaus überraschend. Wie habt ihr beide zueinander gefunden?
Balbina: Ich war schon immer Fan von Justus. Als ich für mein neues Album an dem Stück „Hut Ab“ gearbeitet habe, brauchte ich dringend eine Person, die eine bestimmte Rolle darin übernimmt. Und ich konnte mir das tatsächlich nur bei Justus vorstellen. Also habe ich seine E-Mail-Adresse über eine Freundin herausgefunden und angefragt. Voller Furcht natürlich, wie er die Idee findet. Ein Glück fand er sie gut. (lächelt)
Justus: Ich hab‘ mich über die Anfrage gefreut, weil ich Bina als Sängerin immer sehr gut fand, auch wenn ich ihre eigenen Sachen gar nicht so richtig kannte, sondern eher Features. Als sie mir dann das Song-Konzept erklärt und das Instrumental geschickt hat, und als ich im Studio ihre neuen Songs gehört habe, war ich ziemlich überrascht – im absolut positiven Sinne. Also habe ich, nachdem wir den Song für’s Album fertig hatten, gefragt, ob ich auch einen Remix zur ersten Single machen dürfte.
Seid ihr euch vor den Aufnahmen schonmal persönlich über den Weg gelaufen?
Balbina: Man kannte sich vom Sehen. Aber wirklich näher kennengelernt haben wir uns erst bei der Studioarbeit Anfang des Jahres. Jetzt würde ich sogar von meiner Seite sagen, dass Eric [Justus‘ bürgerlicher Name; Anm. d. Red.] ein Freund geworden ist. Und darüber bin ich sehr froh.
Justus: Ja, über den Weg gelaufen sind wir uns früher schon häufiger, durch die Musik haben wir viele gemeinsame Bekannte. Dass da jetzt eine Freundschaft entstanden ist, freut mich auch sehr. Zum Glück macht Bina so gute Musik, ich kann nämlich nur mit Leuten befreundet sein, deren Arbeiten mir auch gefallen. (lacht)
Was gefällt dir denn an Balbinas Musik besonders?
Justus: Bina macht ihre ganz eigene Musik. Man hört vielleicht Einflüsse, aber man kann nie sagen: Das klingt jetzt wie dieses oder jenes. Außerdem behandelt sie in ihren Texten Themen, die ich so noch nie gehört habe. Sie singt sehr persönliche Lieder, die aber absolut nichts mit den Klischees zu tun haben, die man mit „persönlicher Popmusik“ verbindet. Und das mit einer tollen, sehr außergewöhnlichen Stimme, die sie extrem unterschiedlich einsetzt – von sanftem Hauchen bis zu diesen tiefen, fast maskulinen Tönen, die sie manchmal verwendet. Insgesamt ist das deutschsprachige Popmusik, die so weit von dem stets drohenden Schlager entfernt ist, wie es nur geht. Und trotzdem ist Binas Musik super eingängig – ich hatte von »Seife« nach dem ersten Hören tagelang einen Ohrwurm.
JUICE-Exclusive-Download: Balbina feat. Justus Jonas – Seife (Remix)
Und andersherum: Balbina, was macht Justus aus?
Balbina: Zunächst einmal verbindet uns ein sehr dunkler Humor. Abgesehen davon ist Jonas ein wahnsinnig guter Texter, der Themen behandelt, die mich persönlich interessieren. Auch sein Alter Ego Splidtderchrist und seine Kunstinstallationen finde ich sehr gelungen und sehenswert. Sein Buch „In feierlicher Atmosphäre“ würde ich jedem als Pflichtlektüre ans Herz legen. Ich bin wohl einfach ein großer Justus-Jonas-Fan. Als er zum ersten mal mit mir im Studio stand, dachte ich: »Oh mein Gott, das ist besser als wäre Michael Jackson hier«.
Dann ist anzunehmen, dass dich auch M.O.R. beeinflusst hat?
Balbina: Ich habe früher viel M.O.R. gehört, ich mochte die Reime und wie furchtbar cool alle waren. Ich selbst war eher uncool, bevor es cool war, uncool zu sein. Deswegen haben mir die Tracks mit ihrer Leichtigkeit und irgendwie auch ihrer Arroganz gefallen. Man wollte sofort Teil der Rap-Bewegung sein. Justus und Fumanschu waren dabei immer meine Favoriten. Das »Funkfüxe«-Tape war für mich das Größte!
Wollt ihr noch etwas zu dem »Seife«-Remix erzählen?
Balbina: Wir haben bei diesem Remix nicht die bestehende Liedstruktur geremixt, wie es sonst üblich ist, sondern die Lyrics. Justus hat in zwei Strophen die Worte von Maeckes und mir in seinen Zusammenhang gebracht und ich habe daraus wiederum einen neuen Impuls für einen anderen Part bekommen. Der Rest der Musik ist der gleiche geblieben. Wobei das auf die Worte eigentlich auch zutrifft. Sie wurden nur anders zusammengepuzzelt.
Justus: Wir haben quasi das Prinzip eines HipHop-Remixes – ein Rapper rappt über den Song eines anderen Rappers, ohne dass der Beat oder die Hook sich ändern – auf einen Song angewendet, der bis auf den Part von Maeckes gar nicht so viel mit HipHop zu tun hat. Bei meinen Texten habe ich versucht, etwas passendes zum Thema und zur Hook zu schreiben, dabei größtenteils die schon vorhandenen Wörter und Ausdrücke zu verwenden, am Ende aber bei einer eigenen Geschichte oder einem eigenen Bild zu landen.
Justus, du rappst dabei überraschend im Migos-Flow.
(lacht) Ob euch das überrascht, müsst ihr wissen. Ich höre sehr viel neuen Kram aus Atlanta: Migos, Young Thug, Peewee Longway usw. Deshalb hatte ich Lust, diesen Flow mal selbst zu verwenden. Allerdings habe ich das ja in einem ganz anderen Zusammenhang getan, ich versuche also nicht wie Migos oder sonst irgendjemand, der diesen Flow gerade benutzt, zu klingen. Ich finde, durch die Verbindung dieses Flows mit einer Art von Musik und Thematik, die mit dessen Herkunft gar nichts zu tun haben, entsteht eine interessante Spannung, die dem Remix eine zusätzliche Ebene gibt. Und ein krasser Ohrwurm ist der Track nach wie vor!
Balbinas EP »Nichtstun« erscheint am kommenden Freitag, den 27.06.2014.
Foto: Rahel Mencia-Garcia