August Greene (Common, Robert Glasper, Karriem Riggins)- August Greene // Review

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(Amazon Music)
Wertung: Vier Kronen

Es ist Ende der Neunziger und ich schnalle mir den Eastpak auf. Als privilegiertes Weißbrot aus dem Norden war Rap für mich schon immer ein Spagat aus jugendlichem Protest und Intellekt. Natürlich wollte ich das, was Jay-Z hatte, aber ich glaubte das, was Common sagte. Und »Like Water for Chocolate«, Commons viertes Album, komplettierte mein musikalisches Weltbild mit Jay Dillas minimalistischem Gechoppe. Mit der Folgeplatte »Electric Circus« schaute ich über den Rap-Tellerrand. »Be« machte mich dann endgültig zum Kanye-Jünger – und mit »Finding Forever« glaubte ich mich auch schon wieder komplett aus der Affäre ziehen zu können. Zehn Jahre später darf man mich einen Weißwein sippenden Endzwanziger mit Großstadtmelancholie nennen, weil ich mir ganz ohne Ironie »August Greene« anhören kann. »August Greene« ist Commons Antwort auf würdevolles Altern im Rap. Der 46-jährige Chicagoer findet sie in der Formation einer Supergroup mit Pianist Robert Glasper und Drummer Karriem Riggins. Auf choralen Keys (»Practice«), käsigen Streichern, ­stolpernden Drums (»Let Go«) und Funk-Geshuffle (»No Apologies«) zeichnet der Glatzkopf sein eigenes Psychogramm, das von der Trennung seiner Eltern bis zu Entschuldigungen bei den Herzdamen Erykah Badu und Serena Williams reicht. Und wenn Common persönlich wird, wird es in der Regel auch politisch. »August Greene« macht dabei keine Ausnahme. Nur nimmt man Common den Blick auf das Leben um ihn herum deutlich weniger ab, als die Introspektion. Vielleicht liegt es an der Produktion: So viele Details man auch im Groove finden mag, das Trio Common-Glasper-Riggins bleibt auf ganzer Linie versöhnlich. Wenn dann eine Weisheit die nächste jagt, laufen politische Motivationshymnen Gefahr, als hohle Kalendersprüche auf loungigem Jazz-Geplänkel zu enden. Was hilft, ist eine erhabene Brandy-Ouvertüre (»Optimistic«) und der Soul von Samora Pinderhughes (»Black Kennedy«), die Commons Selbstreflexion um nötige Emotionen vervollständigen. À votre santé!

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