A$AP Rocky – Testing // Review

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(Vertigo / Universal)

Wertung: Dreieinhalb Kronen

Rapper wollen gerne die Avantgarde sein, doch es gibt ein Pro­blem: Das kurzzeitig Neue wird in der Szene schnell zum Hype, dann zum Zeitgeist und irgendwann nur noch zum Auslöser von nostalgischen Gefühlen oder Würgereizen. Wie sollen Rapper da hinterherkommen? Sie sind doch keine Avantgarde-Produktionsfabriken! Außer Kanye West. Der schaffte das oft. Er experimentierte und formte mehrmals einen neuen Status quo. Mit »Ye« ist er zum ersten Mal stehengeblieben. Doch A$AP Rocky könnte seine Rolle als stetiger Umstürzler übernehmen. Er schaffte es 2011, zusammen mit Clams Casino einen Sound zu kreieren, der so klang, wie eine Mischung aus Hubba-Bubba-Kaugummirollen, Ketamin und Absinth schmeckt. Betörend war das, weil Rockys Stimme so verstrahlt irgendwas über Fashion erzählte, während Popsongs runtergechoppt und durch meditative Drums und Synths ergänzt den Trip begleiteten. Seitdem ist A$AP Rocky offiziell der coolste Rapper aus New York. Doch mit seinem dritten Album »Testing« ist ihm ein Missgeschick passiert: Er ist dem neuen Neuen hinterhergerannt und hat es nicht zu fassen bekommen. Clams Casino ist gar nicht erst mitgelaufen. Er hat nur noch auf einem »Testing«-Song ein Gastspiel – neben vielen anderen. Stattdessen war Ex-Tour-DJ und Produzent Hector Delgado zusammen mit Rocky Creative Director des Albums. Er hat an jedem Track geschraubt und ist die einzige Konstante. Denn weil Rocky anscheinend keine Avantgarde-Produktionsfabrik ist, hat er sich einfach all die Künstler eingeladen, die gerade stilprägend sind oder es in den letzen Jahren mal waren. Dean Blunt säuselt, Frank Ocean und Dev Hynes säuseln mit. FKA Twigs haucht heiser, Juicy J erzählt Nonsens. Playboi Carti macht Adlibs, Skepta ist Skepta und Boys Noize dreht Regler. Und Mobys größter Hit »Porcelain« wurde für »A$AP Forever« einfach kopiert. »Testing« ist voll von Referenzen, Gastspielen, Stimmenverzerrungen, Indie­rock, LoFi-Sounds, Gesang, Gerappe, Getrappe. Im Vergleich zu Kanye schafft Rocky es aber nicht, die Kontrolle über den ganzen Wulst zu behalten. Die zusammengewürfelten Sounds entkräften sich gegenseitig. Seine lässig gerappten Zeilen übers Coolsein, Schmuck und ein paar aktuelle Polit-Themen (Gefängnissystem, Rassismus) ändern daran nichts. A$AP Rocky hat sich übernommen.

2 Kommentare

  1. Jemand der so Lieder nicht versteht und genau wie es gemacht ist der hat keine Ahnung von Musik. Kayne West hat schon oft Dinge herausgebracht die Alle kritisiert haben und hinterher fanden sie auf einmal Alle Toll. Ich denke die Leute die sowas hören und nicht verstehen/fühlen und somit geil finden sind einfach noch nicht bereit.
    LG Y.F.

  2. Sollten sich Reviews, in diesem Fall, von großen Veröffentlichungen, nicht mit dem Klangbild, der lyrischen Substanz und der Vision des Künstler auseinander setzen? Oder schreibt die Juice nur Fanfiction‘s der Studio Session‘s?

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