»Da haben die Eltern angefangen, sich Sorgen zu machen« – OG Keemo vs. The Beats // Feature

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Das Mixtape »Otello« lieferte erst kürzlich einen weiteren Beweis dafür, dass Keemo Sabe und sein findiger Kompagnon einen gänzlich neuartigen Stil in die Szene verspannt haben. Frei von musikalischen Einflüssen sind die beiden dennoch nicht. Im Gegenteil: Als Kinder der Neunzigerjahre haben sie Rap – ob aus Mannheim oder Atlanta – seit den frühen Jugendjahren regelrecht eingeatmet. So reicht die musikalische Sozialisation des ungleichen Duos von Ringtone-Rap bis zu tiefsinnigsten lyrischen Ergüssen. Höchste Zeit also, zwischen diesen Polen Prägungen und Inspirationsquellen abzuklopfen und die dazugehörigen Anekdoten einzufangen.

RÖDELHEIM HARTREIM PROJEKT – Reime (1994)

OG Keemo: Für seine Zeit ist das schon ziemlich cool, vor allem vom Beat her. Klingt wie eine Mischung aus Advanced Chemistry und Memphis, oder?
Funkvater Frank: Ja man, das liegt an der 808! Ich muss halt zugeben, dass ich’s nicht direkt erkannt habe, weil das erstens viel zu alt ist und RHP in meiner Heimatstadt Mannheim nie wirklich Legendenstatus hatte. Frankfurt war immer eine ganze andere Welt, obwohl es ja eigentlich nur einen Steinwurf entfernt ist.
OG Keemo: Ich bin ja in Mainz aufgewachsen, da war das ein bisschen anders. Ich habe zum Beispiel schon sehr viel Azad gepumpt. Aber RHP hat in meiner Jugend auch keine Rolle gespielt.
Funkvater Frank: Ich habe die eigentlich nur auf den Schirm gekriegt, weil die mal irgendwann mit Xavier Naidoo zu tun hatten … und der ist bekanntlich ein Sohn Mannheims. (lacht)

50 CENT FEAT. EMINEM – Patiently Waiting (2003)

Funkvater Frank: Damals habe ich immer gedacht, dass Eminem und 50 Cent so richtig beste Freunde wären … bis ich checkte, dass die ungefähr 80 Millionen Kilometer voneinander entfernt wohnen und sich höchstens mal im Studio gesehen haben. (lacht)
OG Keemo: »Get Rich Or Die Tryin’« hat halt einfach alles verändert und Gangsta-Rap völlig neu definiert. Spätestens nach »In Da Club« war alles anders, auch für mich.
Funkvater Frank: Und dieser Eminem kann schon auch was, checkt den aus! (lacht)

BUSHIDO – Electrofaust (2003)

OG Keemo: Ich hab das geliebt! Das war halt echt ekelhafter und dreckiger als alles, was ich bis dahin kannte. »Vom Bordstein bis zur Skyline« war der Grund, warum ich asozial geworden bin, kein Scheiß! Ich verbinde so viele Bilder von asozialem Scheißdreck mit dieser Zeit. (lacht) Das war auch die Phase, in der ich so richtig in deutschen Rap eingestiegen bin.
Funkvater Frank: Voll! Da haben die Eltern angefangen, sich Sorgen zu machen. (lacht) Ich liebe vor allem das lange deutsche Skit aus irgendeinem Film am Anfang des Songs … das war zu dieser Zeit ja insgesamt voll das Ding!

MF DOOM – All Caps (2004)

Funkvater Frank: Ich bin 2011 zum ersten Mal über diesen Beat gestolpert, weil Capital Steez auch auf den gerappt hatte. Erst später hab ich gepeilt, dass das eigentlich ein MF DOOM-Beat ist. Allgemein bin ich erst über Joey Badass und Capital Steez auf Madlib und MF DOOM gekommen. Das ist wiederum interessant, weil »Pennyroyal« von Joey Badass ein ganz wichtiger Schnittpunkt für uns beide war.
OG Keemo: Stimmt! Durch diesen Song haben wir gerafft, dass wir den gleichen Musikgeschmack haben. Mich persönlich hat MF DOOM und seine Art zu texten trotzdem noch stärker geprägt. Von der Art und Weise, wie er Bilder erzeugt, hab ich mir wahrscheinlich auch unbewusst ein bisschen was abgeguckt.
Funkvater Frank: Ich hab mir von Madlib definitiv bewusst Dinge abgeguckt, das sag ich dir ganz ehrlich. (lacht) Bevor ich meinen eigenen Stil gefunden habe, hab ich mich immer informiert, mit welcher Hardware andere Produzenten arbeiten und wie sie vorgehen. Dadurch war Madlib schon sehr früh eines meiner großen Vorbilder. Ich habe zwei Jahre lang fast nur Madlib-Tributes gebaut. (lacht)

SOULJA BOY – Crank That (2007)

OG Keemo: Das ist verfickt noch mal der größte Song aller Zeiten! Fick auf die -Beatles, ganz ehrlich. (lacht) Soulja Boy ist der GOAT! Der erste Typ, der Internet-Money gemacht hat, hallo? Außerdem hat er das Ding komplett alleine produziert …
Funkvater Frank: … mit diesen ganzen Fruity-Loops-Standard-Sounds. (lacht) Und trotzdem war das bahnbrechend. Ich bin in Mannheim zur Schule gegangen. Da waren viele Amis, weil nebenan eine alte US-Kaserne stand. Vermutlich waren wir dadurch eine der ersten deutschen Städte, in denen der Song angekommen ist. Ich kann mich noch erinnern, wie plötzlich alle Weiber mit grauen Jogginghosen und drei Tops übereinander HipHop getanzt haben, das war völlig absurd. (lacht)

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