Obwohl die texanische HipHop-Boyband Brockhampton 2017 für ihre Mixtape-Trilogie »Saturation« in den USA sogar mit Major-Deal und Auftritt bei Jimmy Fallon belohnt wurde, ist der verständliche Hype bei deutschen Raphörern noch nicht ganz angekommen. Man mag hoffen, dass sich das rechtzeitig ändert, denn mit ihrer neuen Single »1999 Wildfire« gibt uns die Crew nach »Tonya« eine zweite Vorahnung, dass von ihrem bevorstehenden Debüt-Album einiges zu erwarten ist.
Der Beat der Single strotzt vor musikalischem Ideenreichtum: temporeich klickende Upbeat-Drums werden von Flötenlinien begleitet, die in ihrer Menge jedem Standard-Producer für ein ganzes Mixtape reichen würden; das Piano-Staccato zeigt sich verantwortlich für die soulige Grundierung und beim einsetzenden Geigen-Melodrama gen Ende fragt man sich, wie das alles so wenig weird und so sehr harmonisch bleiben kann. Die rappenden Mitglieder der Crew unterscheiden sich dazu stilistisch derart kontrastreich, dass man glauben müsste, der Manager einer 90er-Boyband überwacht die Arbeits- und Rollenteilung. Wo im ersten Verse Matt Champion mit angeberischem Referenzenrap aufwartet, brieft uns Joba im zweiten über die Rags-To-Riches-Geschichte seiner Zweitidentität als vagabundierender Zauberstreuner, und Dom McLennon erklärt, wie er sich bei echtem Hass und falscher Liebe selbst treu bleibt. Zwischendurch wiederholt Kevin Abstract seine Hookline so oft und eindringlich, dass man ins Zweifeln kommt, ob unter dem vordergründig platten Bling-Bling-Geboaste nicht ein viel persönlicherer Subtext lauert.
»1999 Wildfire« lässt vermuten, dass trotz letztjährigem Triple-Release Brockhamptons Beat-Ordner und Lyricblöcke schon wieder gut gefüllt sind. Stehe den Jungs der Rapgott bei, dass ihnen auf ihrem Debüt »The Best Years Of Our Lives« auch wieder derart überzeugende Arrangements gelingen.