21 Savage: »They say crack kills, my crack sells« // HipHope

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Manche Rapper machen sich bei der Künstlernamenswahl einfach mehr Gedanken als andere: Pusha Ts lyrisches Kokainlabyrinth deutet sich bereits im Namen an, Vince Staples verzichtet auf ein Alter Ego, um den persönlichen Bezug in seiner Musik hervorzuheben. Bei 21 Savage hingegen bekommt man mit einer bedingungslosen Authentizität genau das, was die Packung verspricht: Die Ziffer 21 steht für die Straßenbande seiner Heimatstadt Atlanta, »Savage« bedeutet »wild«, »brutal« und »schonungslos«. Und wilder als das Leben und die Musik des 23-jährigen Gangbangers 21-Savage sind nur die ungefangenen Pokémon in deiner Gegend

Äußerlichkeiten wie das Dolch-Tattoo auf der Stirn und die Namen seiner verstorbenen Freunde auf den Armen deuten darauf hin, dass 21 Savage schon einiges hinter sich hat. Los geht es bereits in der 7. Klasse: Weil er nach dem Streit mit einem Mitschüler eine Waffe in die Schule mitbringt, wird er nicht nur vom Unterricht ausgeschlossen, sondern kommt auch für zwei Monate in Jugendarrest. 2013 ist es noch schlimmer. Da wird bei Gang-Aktivitäten sein bester Freund erschossen, Savage selbst von sechs Kugeln durchlöchert. »Es hat Spaß gemacht, auf Leute zu schießen und sie auszurauben. Als der Scheiß mir passiert ist, war es aber nicht mehr so lustig«, erzählt er in einem Youtube-Interview. Harter Tobak von einem, der es nur mit Glück geschafft hat, überhaupt das Erwachsenenalter zu erreichen.

 

Doch immerhin: Inspiriert durch das drogen- und gewaltüberzogene Leben seiner Umgebung, entscheidet sich Savage 2014 für einen Cut und beginnt mit dem Rappen. Mit geklautem Equipment, aber ohne Budget oder gar ein Konzept nimmt er sein Debüt »The Slaughter Tape« selbst auf und packt es ins www. Und der nicht vorhandene Plan geht auf: Savages Reality-Rap bekommt den Zuspruch Gleichgesinnter und fungiert für Außenstehende als schmutziges Schaufenster in seinen Everyday Struggle. Neben der Debütsingle »Picky« packen »Dip Dip« und »Red Opps« mit Klicks im Millionenbereich den Wilden auf die Karte.
 
Sein Lebensstil überträgt sich 1:1 auf die Musik und seinen lyrischen Kosmos. Seine Gewaltgeschichten, durch die goldenen Grillz hart vernuschelt, sind genauso simpel wie eingängig. Savage saugt den Hörer auf Trap-Melodien in seine Welt und kann erfolgreich verschleiern, dass er erst seit anderthalb Jahren regelmäßig zu Mic und Stift greift. Seine Folge-EP »Free Guwop«, erschienen im Juli 2015 mit Sonny Digital, sowie das kürzlich veröffentlichte »Savage Mode«, in Zusammenarbeit mit Platinproduzent Metro Boomin, machen deutlich, dass 21 Savage in der Riege der Großen angekommen ist.
 
Savage selbst ist jedoch nach wie vor der Letzte, den es interessiert, welches Skillset ein gestandener Rapper anno 2016 mitbringen muss – solange die Trademark-Realness gewahrt bleibt. Trotz einer deutlichen technischen Steigerung, bleibt der Junge ein Straßenrapper, der nach wie vor mehr Straße als Rapper ist. Aber immerhin: HipHop habe ihn ruhiger werden lassen, erklärt er. Den Streets sei er dennoch nach wie vor verbunden. Rappen tue er eh nur des Geldes wegen, wie er XXL unlängst verriet. Das US-Mag hat 21 Savage kürzlich erst zum »XXL Freshman« geadelt. Vielleicht ändert der daraufhin zukünftig seine ­Prioritäten. Und wer weiß: Vielleicht ist das einzig Wilde in Zukunft nur noch das Publikum.

 

Dieses Feature erschien in JUICE #176 (hier versandkostenfrei nachbestellen). juice-176

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