Marteria – Roswell // Review

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(Green Berlin / Four Music)

Wertung: Fünf Kronen

»Roswell«, »Aliens«, »Scotty beam mich hoch« – die ersten Schlagworte des Albums legen die Vermutung nahe, Martens außerirdisches Alter-Ego Marsimoto hätte die künstlerische Kontrolle über das Schaffen von Marteria gewonnen. Aber keine Bange: Hat es nicht – auch wenn die Wolken, aus denen diese Platte gefallen ist, längst nicht mehr lila, sondern einmal mehr in das dezente Signature-Grün von Green Berlin getaucht sind. Aber die Erkenntnis, dass da nach wie vor diese beiden Herzen in Martens Brust schlagen, macht offenbar, wie sehr sich die Dualität als kreativer Leitfaden auch durch »Roswell« zieht. Denn kaum ein Künstler aus dem hiesigen HipHop-Kosmos hat das Spiel mit dem unterschwellig Gegensätzlichen so perfektioniert wie Marten Laciny. Da beherbergt die neue Platte einerseits unverhohlene Radiohits wie »Das Geld muss weg«, dessen Hook selbst jeden Rap-Verächter schneller am, nun ja, Haken hat als Marten einen Zackenbarsch, der andererseits aber so viele Doppeldeutigkeiten und Wortspielwahnsinn mitbringt, dass auch jeder HipHop-Head nicht anders kann, als dazu gut gelaunt Fuffis durch den Club zu schmeißen. Ähnlich verhält es sich mit »Tauchstation«, in dem Marten seine Abkehr vom einstigen Partyleben »zwischen Höhenflug und Tiefenrausch« skizziert – eine Art Anti-»Lila Wolken« und sein persönliches Lifestyle-Update Zwosiebzehn. Der Song geht unumwunden von Null auf gleich ins Ohr, bringt parallel dazu auf einer Metaebene aber eine luftabschnürende Tiefe mit, die mehr unter die Haut geht als Dia­lyseschläuche. Und dann gibt es eben auch die Tracks, die ihrerseits genau andersherum funktionieren: »Blue Marlin« etwa, Martens Audio­version von Hemingways »Der alte Mann und das Meer«, dessen Synthese aus Wellenbrecherbässen und dystopischen Punchlines mehr hydrostatischen Druck erzeugt als ein Tauchgang in pazifischen Tiefseerinnen. Oder »Skyline mit zwei Türmen«, Martens Zeitreise nach NY um die Jahrtausendwende; in ein Leben, das heute unfassbar weit weg von ihm scheint – auf befremdliche Weise jedoch näher an ihm dran ist als je zuvor. Nur »Scotty« ist ein Ohrwurm, den man gerne mal als Köder in den Ozean schmeißen würde – aber auch das ist Teil des Plans. Denn das Spiel mit kreativen Kontrasten, mit akustischen Antagonismen, mit den alltäglichen Fürs und Widers des Lebens, das beherrscht er einfach. Marteria und ­ANTIMARTERIA eben.

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