»Ich war schon reich, bevor ich Musik gemacht habe« // Young Jeezy im Interview

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Young-Jeezy

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wenn man über die erfolgreichsten US-Rapper der ­letzten fünf Jahre spricht, dann spricht man notgedrungen auch über ihn: Alle drei Soloalben des ­Schneemanns haben bislang locker die Platinplakette eingefahren, die zumindest in den USA immer noch notwendig ist, um in der Rap-Industrie wirklich für voll genommen zu werden. Im Sommer 2009 hielt er sich nun vor allem wegen des wieder auflodernden Streits mit Altfeind Gucci Mane im Gespräch, bevor im vierten Quartal sein viertes Soloalbum »Thug Motivation 103« ­erscheinen soll. JUICE-Korrespondent Fred Hanak sollte Jeezy eigentlich vor dessen angesetzter Show in Paris treffen. Nach der Absage des Auftritts griff er kurzerhand zum Telefonhörer, um den ­aktuellen Stand der Dinge direkt in Atlanta abzufragen.

Warum hast du den Gig in Paris gecancelt?
Das musst du eigentlich meinen Manager fragen. Es geht jedenfalls nicht darum, dass ich nicht in Paris spielen wollte. Aber wir haben uns den Veranstaltungsort angesehen, und das war eher ein Club als eine Halle. Ehrlich gesagt, war es nicht die Umgebung, die mein Management erwartet hatte. Das war eher ein Ort, wo man ein paar Drinks nehmen kann, aber nichts für einen Auftritt von mir. Außerdem wissen wir, dass Jay-Z oder Nas in Hallen wie dem Elysée Montmartre spielen, genau wie Jadakiss, M.O.P. oder The Game. Und in dieser Größenordnung sehe ich mich eben auch.

Lil Wayne hatte seinen Auftritt kurz zuvor ebenfalls abgesagt. Fühlt ihr euch als Rapper aus dem Süden in Europa ­benachteiligt gegenüber Rappern von der Ost- oder ­Westküste?
Wir wollen einfach nicht in diesen dreckigen kleinen Clubs spielen. Ich will dort spielen, wo mein Kumpel Jay-Z auftritt. Wenn ich nach Paris komme, will ich ein dickes Auto und eine große Halle. Die französischen Promoter müssen kapieren, dass ich kein Sellout-Act bin, den man in so einen winzigen Laden stecken kann. Ich bin ein weltweit erfolgreicher Künstler, und ich will in einer großen Venue spielen, damit sich wirklich jeder ein Ticket besorgen kann, der mich live sehen will.


Was kannst du schon über dein kommendes Album verraten?
Es werden vorher noch einige Mixtapes erscheinen, aber mein Fokus liegt auf »Thug Motivation 103«. Ich will diesmal inhaltlich und musikalisch noch weitergehen, deshalb arbeite ich momentan jeden Tag an dieser Platte. Denn ich spüre, dass die Menschen die Wahrheit hören wollen. Sogar in Ländern wie Frankreich, wo ich gar keinen oder nur einen mangelhaften Vertrieb habe, bekomme ich den Respekt der Straße, einfach weil es sich herumspricht, dass ich echt bin. Egal, wo ich auf der Welt hinkomme – auf der Straße, in der Hood respektiert man mich. Real recognize real.

Kannst du uns auch ein paar Details über die Musik verraten?
Das Album ist ja noch nicht fertig, und es werden sicherlich noch ein paar Leute im Studio vorbeikommen. Was ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen kann, ist, dass Kanye West bislang sechs Songs für das Album produziert hat – und dieses Material macht alles kaputt, was es da draußen momentan zu hören gibt.

In letzter Zeit gab es einige Unstimmigkeiten zwischen dir und Gucci Mane sowie seinem Kumpel OJ Da Juiceman. Du hast kürzlich sogar einen Diss-Track gegen sie veröffentlicht.
Yeah, these niggas is bitchin’ right now. Das sind Clowns, verstehst du? Gucci und sein kleiner Buddy OJ sind doch komplett auf Drogen: MDMA, ­Ecstasy und solche Scheiße, das sind pillenfressende ­Niggas. Die gehören zu den dämlichsten Typen, die du in der ganzen Rap-Industrie finden wirst. Ich hatte schon einmal Stress mit Gucci, als er für »So Icey«nichts bezahlen wollte und er dafür beinahe erschossen wurde – er weiß genau, wovon ich rede. Über OJ habe ich nichts zu sagen, mit dieser ganzen Hipster-Rapper-Sache kann ich nichts anfangen. Ich sehe ihn nicht mal als Konkurrenz. Lange Zeit wollte ich diese ganze Sache mit Gucci auch eher runterspielen, weil wir im Süden irgendwie doch alle miteinander verbunden sind. Aber inzwischen ist es mir egal. Die Typen haben nichts mit Rap oder dem Game zu tun, ihre Musik ist einfach dämlich, ich kann sie nicht ernst nehmen.

Sie wollten auf deinen Diss-Track nicht mal antworten…
Weil sie von Beef keine Ahnung haben. Sie wissen nicht, wie sie antworten sollen, weil sie einfach keine Konkurrenz darstellen. Punkt.

Vor einiger Zeit hattest du ja auch diesen Streit mit Monie Love, wo es um Nas und seinen ­Slogan »HipHop Is Dead« ging.
Wer? Monie Love? Wer soll das sein? Ich kann mich nicht daran erinnern.

Die britische Rapperin, die Ende der Acht­ziger mit den Native Tongues und Queen Latifah ­kollaboriert hat. Sie warf dir vor, dass du die Werte und Ideale von HipHop nicht verkörperst und daher auch nicht behaupten kannst, dass HipHop durch Rapper wie dich weiterlebt.
Ach, jetzt weiß ich, was du meinst. Sie ist Europäerin, oder? Und Europäer haben bekanntlich eine sehr spezielle Vorstellung davon, was »HipHop« in ihren Augen darzustellen hat. Aber die Dinge ­verändern sich. Heute stehe ich für HipHop. Von meinen Sneakers bis zu meinem Cap bin ich HipHop. Wenn ich durch die Straßen laufe oder wenn ich auf der Bühne stehe, bin ich HipHop. HipHop lebt in meinen Videos und meiner Musik. Ich habe zwar nichts mit Breakdance und Graffiti zu tun, aber mir gefällt das schon. Von daher: HipHop ist nicht tot. ­Natürlich nicht.

Gleichzeitig hast du in der Vergangenheit ­immer großen Wert darauf gelegt zu erklären, dass du eigentlich kein Rapper, sondern ein Hustler bist.
Ich war vor meiner Karriere in Atlanta als Hustler bekannt, da kannst du jeden im Fourth Ward fragen. Ich war schon reich, bevor ich Musik gemacht habe. Ich saß wegen Drogendealens im Gefängnis. Bei meinem Label Corporate Thugz waren Jungs dabei, die heute tot sind oder lebenslänglich im Knast sitzen. Aber ich wurde auch von den Brüdern aus dem Süden inspiriert, die Pioniere des HipHop waren: Scarface, Cash Money Millionaires, Master P und No Limit. Heute bin ich ein Rapper, der sein Geld eben auf legale Weise verdient. Trotzdem werde ich immer mit der Straße verbunden bleiben.

Bevor du den Namen Young Jeezy ­angenommen hast, warst du Lil J und hast 2001 ein Mixtape namens »Thuggin’ Under The Influence« aufgenommen.
Hell yeah, das ist lange her. Da waren C Dog von den 404 Soldierz, Kinky B und Lil Jon mit dabei. Hast du die CD? Könnte mal ein Sammlerstück werden, also bewahre sie gut auf! (lacht) Aber ich wollte mich niemals auf diesen lokalen Dirty South-Markt beschränken. Ich wollte immer weltweit agieren.

Viele Rapper aus dem Süden kollaborieren nicht mit Rappern aus New York. Du hast ­solche Vorbehalte ganz offensichtlich nicht.
Nein, ich finde das auch seltsam. Ich mag Rapper aus New York wie Juelz Santana, mit dem ich sehr gerne zusammenarbeite, weil er extrem talentiert ist und wie ich von der Straße kommt. Wir haben uns nicht über Def Jam kennen gelernt, sondern über gemeinsame Straßen-Connections. Weißt du, ich sehe überall großartige Rapper mit interessanten Persönlichkeiten, ob in Los Angeles, New York oder Philadelphia. Mit sinnlosem Beef will ich nichts zu tun haben. Ich meine, als ich zu Def Jam kam, habe ich mein ganzes Business ausschließlich mit Jay-Z geklärt – und wer ist bitte mehr New York als Jigga?

 

Text: Fred Hanak

 

 

 

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