Vince Staples – FM! // Review

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(Def Jam Recordings)

Als die britische Band The Buggles vor 38 Jahren ihren Song »Video Killed The Radio Star« veröffentlichte, zeichnete sich eine Wende ab. Radio als Medium? Überflüssig. Und die Situation hat sich im 21. Jahrhundert nicht wirklich verbessert. Da kommt doch »FM!« von Vince Staples nur recht. Früher hätten Kritiker diese etwas mehr als 22 Minuten wohl als Konzeptalbum bezeichnet. Nur: Früher ist früher, heute ist heute. Denn eigentlich spielt Vince Staples einfach nur mit diesem Medium – alles zum Selbstzweck. Doch trotz eines fehlenden großen Wurfs an übergreifendem Storytelling überzeugt das dritte Album des 25-jährigen US-Rappers in jedem Moment. Nicht ein einziger Ausfall, obwohl sich Staples vom Sound des Vorgängers entfernt. Statt Avantgarde gibt es auf »FM!« mehr Gegenwart, der Einfluss des kalifornischen Sounds der Neunziger schlägt trotzdem durch. Einen Großteil der Produktion besorgte Kenny Beats. Somit hat dieses Album einen markanten Sound, der sich durch alle Tracks zieht – und was »FM!« trotz seiner Kürze zu einer sehr dichten Platte macht. Vom Cover sollte sich übrigens niemand täuschen lassen: Mitnichten handelt es sich um ein Sommeralbum: »Summertime in the LB wild, we gonna party until the sun or the guns come out.« Es geht weiterhin um die Schattenseiten des Daseins in Kalifornien. Vielleicht hat Vince Staples noch nie so viel von seiner Persönlichkeit, seinem Leben in einem Album untergebracht wie hier. Denn »FM!« wirkt auf das Wesentliche reduziert, auf den Kern fokussiert. Das macht »FM!« einfach zu einem der interessantesten Alben des Jahres. Spätestens bei »Tweakin‘« entfaltet sich ein leichtes Unwohlsein, eben weil es so real, so düster, so abgekehrt zugeht. Lost in Long Beach. Sonnenstaat auf links gezogen. Die Ansage muss sein: Vor die Boxen hocken und einfach zuhören. Vince Staples hat immer noch sehr viel zu erzählen.

Text: Björn Bischoff


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