Tua & Vasee – Evigila // Review

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(Chimperator/Rough Trade)

Wertung: Vier Kronen

Wenn sich mit Tua und Vasee zwei der Künstler im deutschen Rap zusammentun, die sich schon immer durch ihr besonderes Kunstverständnis auszeichneten, ist es kein Wunder, dass sie auf ihrem gemeinsamen Album »Evigila« einen Ort erschaffen haben, der die Ängste, Sorgen und Bedenken der Menschen in einer fiktiven Stadt bündelt. Tua und Vasee nehmen sich all der Abgründe der Urbanität zwischen Leistungsdruck, Lieblosigkeit und latentem Hang zur Depression an und fungieren als Sprachrohr der Bewohner. Daraus entstehen dann kryptische Songs wie »Szenen der Wüste« oder »Roter Luftballon«, die durch starke Bildsprache punkten, oder etwa das wütend-hoffnungsvolle »Wer ich sein will«, das als klares Statement gegen die Selbstoptimierung der Generation Facebook verstanden werden kann. Das Album unterscheidet sich jedoch nicht nur ob des akribisch durchdachten Konzepts vom gängigen Wust an Deutschrap-Releases. Tua und Vasee kombinieren ihren Perfektionismus mit enormer Detailverliebtheit und ihrer musikali­schen Vorliebe für Drum’n’Bass, IDM und Dubstep: Eben die genau richtigen zwei Millisekunden hinter der Drei platzierte Snares, Sägezahnsynthies und Subbässe. Mischt man dem ganzen noch Rap und den freilich etwas gewöhnungsbedürftigen Gesang von Vasee bei, entwickelt sich daraus ein nonkonformer und ganz eigener Stil. So etwas wie »Der Präsident« klingt definitiv anders als das, was man täglich in einer HipHop-Redaktion serviert bekommt, und mutet daher avantgardistisch an – gerade deshalb stößt man sich an Songs wie »Aufgeben« und »Alles funktioniert«, die mit Akustikgitarrenpicking im Mollmodus und den etwas zu platten Texten mehr an Adel Tawil als an Aphex Twin erinnern. Die Idee hinter »Evigila« könnte dem gemeinen Rap-Hörer wegen ihrer komplexen Metaphorik, den divergenten Deutungsebenen und dem düsteren Sound ein wenig prätenziös und pseudoavantgardistisch einfahren. Das wäre verständlich, aber schade – denn auch wenn die 13 Songs keine leichte Kost darstellen, sind sie das beeindruckende Werk zweier begabter Künstler, die die inhaltlichen und musikalischen Grenzen von HipHop auf interessante Weise ausloten.

 

Text: Jan Wehn

 

 

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