(Marci Enterprises)
Echte Gangster snappen nicht. Eine alte Banger-Weisheit, die nicht von jeder Großfamilie beherzigt wird. Roc Marciano, OG durch und durch, Ex-Flipmode-Anhang von Busta Rhymes und mittlerweile für Pitchfork »einer der einflussreichsten Rapper der Dekade«, muss sein Verständnis von Ehre nicht live auf Facebook platttreten. Verdammt, der Typ weiß wahrscheinlich nicht mal, was eine Promophase ist. Durch seine Ignoranz, für die man ihn als Rapper so liebt, könnte wieder ein kleines New-York-Meisterwerk untergehen. Da hilft auch der Hipster-Blog-Rücken und die Co-Signs deiner Lieblingsrapper (lies: Earl, Megaloh, Döll) nicht: Rakeem Myer, der große verkannte Storyteller seiner Generation, wird kein Marketinggenie mehr. Dafür hat Roc Marciano Bawrz, die dich auf jeder Parkplatz-Cypher zerstückeln. Vor allem aber ist der 39-Jährige das, was es heute gar nicht mehr geben sollte: ein Albumkünstler. »Rosebud’s Revenge« reiht sich in den Klassikerkanon von Marci ein und verlässt die Hood in Hempstead, Long Island nur für Kurztrips um den Globus der Geschmäcker; für haitianisches Voodoo-Huhn, Auftragskiller aus Kingston und beaucoup französische Liebe. Ein Film noir in Blaxploitation-Ästhetik, Zigarrendunst liegt in der Luft. Raps goldene Antike: Endsiebziger-Soul-Samples, hingerotzte Adlibs, slicker Sex-Sprech. Und diese Patterns (!) aus der Zukunft. Der geläuterte Gentleman in einer düsteren Milieustudie, noch immer bewaffnet, immer schießend. Hier sagt man noch Swagger und schimpft auf die Jugend: »As a youth I was a drifter/Tan Chucks, you keep the Dunks – I’m not a hipster.« Bäm, Backpfeife. So knallt es einem eine knappe Stunde um die Ohren. Überhaupt wird hier in höchster Kunst einiges bespuckt, weggecockt und gepuncht. Von literarisch verpackten Muschifürzen, nubischen Ischen und Picasso-Porträts geht eh alles bei der Delikatessen-Expertise des eloquentesten und ganz sicher ehrenhaftesten Pimp-Poeten unserer Zeit.