Prezident – Kunst ist eine besitzergreifende Geliebte

-

Prezident

(Whiskeyrap)

 

Prezident zieht einen nicht nur in den Bann, er zieht einen auch runter: tief hinab in die Abgründe seiner düsteren Gedankenwelt. Dieser komplexe Sumpf aus Literaturanspielungen, messerscharfer Gesellschaftskritik und entwaffnend ehrlichen Einblicken in sein Innenleben kann einen nicht kalt lassen. Es sei denn, man hört nicht richtig hin – was kaum möglich ist. Denn dieses Album kann man gar nicht nebenbei hören, es entwickelt einen so ungeheuren Sog, dass man sich ihm einfach nicht entziehen kann. »Stell dir vor, David Lynch macht jetzt Hörspiele.« Und zwar auf Beats, die meist genauso düster wie die Texte sind. Musikalisch ist das zwar nicht besonders abwechslungsreich, aber etwas anderes würde dazu auch gar nicht passen. Wie gut, dass alle Lyrics im Booklet abgedruckt sind: So kann man sich völlig in den »Bukowskirap« fallenlassen und fröhlich das Netz der vielen Zitate und Anspielungen entwirren. Die erstrecken sich vom Cthulhu-Mythos über Nietzsche bis Bourdieu und noch viel weiter. Man merkt sehr schnell, dass Prezident nicht blöd ist, viel liest und Humor hat. Der blitzt aber nur an ausgesuchten Stellen bösartig auf und kommt zynisch, selbstironisch und makaber, aber nie platt daher. »Mein auf links gedrehtes Innenleben, immer für nen Lacher gut/in Selbstmitleid zu baden, wenn der Rest der Welt in Schampus duscht.« Prezidents Weltanschauung ist eine resigniert-finstere, seine Fähigkeiten am Mic hingegen sind ein Lichtblick. Wenn er rappt: »Ich bin böse, wenn ich battle, überragend auf Konzeptsongs/doch jenseits von Formen und Konzepten erst in Bestform«, trifft er damit den Nagel auf den Kopf: Konzeptsongs wie »Sechs Kammern« oder »Schlingpflanzen« bestechen durch ihre schaurige Atmosphäre, »und es läuft dir kalt den Rücken, aber warm die Beine runter«. Lässt er seinen Gedanken aber erst mal freien Lauf, verdichten sie sich zu einem komplizierten, mitreißenden Mahlstrom of Consciousness. »Du musst die Texte nicht entschlüsseln, es genügt, sie zu erahnen/und wenn’s auch kompliziert funktioniert, warum einfach?« Extrem gut.

 

 

3 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein