Retrogott & Hulk Hodn – Kontemporärkontamination // Review

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(ENTBS)

Wertung: Vier Kronen
Der Retrogott und Hulk Hodn verhalten sich zu kommerzieller und kommerzialisierter Musik auf einem Spektrum von Hass bis Gleichgültigkeit. Dementsprechend sieht das Kölner Duo auch keinerlei Notwendigkeit, mit irgend­einer Regelmäßigkeit Alben zu veröffentlichen oder sie vorher per Social-Media-Rollout zu bewerben. Fans, die noch wissen, wie man einen Plattenladen anmanövriert, kriegen davon warme Gefühle ums Herz. Am Verbraucher mit digi­taler Aufmerksamkeitsspanne geht »Kontemporärkontamination« mit Absicht vorbei. »Der Retrogott muss bekloppt sein/Ich hab gehört, er ist offline«. Feature-Gast Eloquent ist nur ein Beispiel für die vielen deutschen Kollegen, die Kurt inspiriert hat. Keiner von ihnen schießt jedoch so unverkrampft aus der Hüfte wie er selbst. Wer denkt, er sei über die Jahre milder geworden, hat sich getäuscht. Schon der Titel lässt vermuten, was Kurt vom Status quo des Games hält, und auf dem Titeltrack wird er so konkret wie lange nicht: »Diese aufgeweichten Intellektuellenleichen/Allen Ernstes mit den Dadaisten zu verglei­chen«, findet er fragwürdig und meint damit den schnell ad absurdum geführten Begriff des Dada-Rap, mit dem Medienmacher vor einigen Jahren versuchten, Lil B ebenso wie Yung Hurn greifbar zu machen. Weil kritisieren aber nicht alles sein darf, wird auf »Arbeit an der Basis« auch etwas geteacht. Die akademischen Referenzen sind dünner gestreut als auf dem Vorgänger »Fresh & Umbenannt«. Stattdessen wird Wackness gefrontet wie auf »Jetzt schämst du dich«, nur ohne »schwul« oder »behindert«. Darunter liegen gelayerte Jazz- und Funk-Samples, Cuts von Kool Keith und den Stiebers und das unaufhörliche Plattenrauschen. Alles wie gewohnt, alles dope. Es ist aber legitim, zu fragen, ob nicht mehr Überraschungsmomente möglich wären. Dass man mal aufhorcht, wenn ein besonders schönes Trompeten-Sample ­reinkommt, ist diesbezüglich nämlich das höchste der Gefühle. Dabei produziert Herr Hodn als Hodini durchaus verspieltere Musik, mit Plattenrauschen sogar.

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