Pusha T – Daytona // Review

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(G.O.O.D. Music)

Wertung: Fünf Kronen

Es gibt im zweiten Teil von »The Fast And The Furious« eine Folter­szene. Der böse Dude erhitzt einen Eimer, der kopfüber auf dem Bauch des dicken Dudes steht. Darin: eine Ratte, die versucht, sich einen Ausweg durch den weicheren Teil ihres Gefängnisses zu beißen. Die Szene verbildlicht perfekt, wie sich Pusha Ts Flow und Delivery anfühlen. Und so lange er diese Skills hat, bleibt Push so gut wie unantastbar. Auch wenn der Mann eigentlich seit sieben Jahren kein rundum gutes Album veröffent­licht hat: Übersongs kann man auf jedem finden. »Fear Of God II« hat »My God« und »Alone In Vegas«, MNIMN »Numbers On The Board« und »Nosetalgia«. »Darkest Before Dawn« hat…okay, keinen. Aber nun also das neue: »Daytona«. Die lange Vorrede war nötig für das kurze Fazit: Es ist ein sehr gutes Pusha-Album geworden. Das Cover zeigt Whitney Houstons 2008er Atlanta-­Badezimmer. So weit, so Kanye. Noch weiter, noch Kanyer: Der hat nämlich das ganze Ding produziert. Das auf sieben Songs konzentrierte Werk ist spürbar dessen Vision, es ist skulptural, abgeschliffen, pointiert. Hier der Childs-Play-Minimalismus von »Runaway«, dort schon eher »Yeezus«-Ära-hafte Beats aus superentmenschlichten 808s und supermenschlichen Soul-Samples – immer zwischen dystopischer Monotonie und unerwarteter Transzendenz. Die Hits sitzen dieses Mal auf der zwei und der vier und das Outro ist top. Bis auf die Hook von »Hard Piano« gibt es keinen Anlass zur Beschwerde. Das Pusha-Bingo hat man schnell ausgefüllt: Rotzige Spanisch-Einsprengsel, Coke-Tales, Eghck. Alles dabei, was man lieben sollte. Ach so: Im Streaming-Zeitalter sind Alben ja längst keine in sich abgeschlossenen Gebilde mehr. Und man muss wirklich den kurz nach Album-Release erschienenen Drake-Diss »The Story Of Adidon« mit in den Gesamteindruck einfließen lassen. Pusha treibt darauf den kanadischen Poster Boy so sehr in die Defensive, wie der es in seiner kompletten Karriere noch nicht war, verrät Drakes Pornstar-Baby-Geheimnis, Noah Shebibs Multiple Sklerose muss als Beleidigung herhalten. Nichts hatte seit »Ether« mehr Schärfe, nichts war seit 2Pac, der Prodigys Sichelzellenanämie zu einem Inhalt seiner Attacke machte, respektloser. Mit 41 hat Pusha T einen zweiten Winter: dreckig und kalt und kompromisslos. Mach den Bauch frei, Baby!

Text: Philipp Kunze

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