»Selfmade gegen Aggro ist wie Mörser gegen Schreckschussknarren«, sagte Kollegah vor sieben Jahren auf seinem an die Aggro Berlin-Ecke – vor allem aber an Fler, Kitty Kat und Silla (damals Godsilla) – gerichteten Track »Fanpost«. Da wurde das erste Mal das leidige Karotten-Motiv ausgepackt, das seitdem durchs Netz geistert. Die Empfänger des Briefs hatten zuvor »Früher Wart Ihr Fans« aufgenommen und schon da wurde es geschmacklos, nachdem Kitty Kat sich wenig subtil über die verstorbenen Eltern von Favorite lustig machte. Davor wiederum erschien »Westdeutschlands Kings« von Kollegah, Favorite und Farid Bang und war ähnlich direkt. Aggro Berlin ist mittlerweile Geschichte und auch Kollegah wird sein kommendes Album nicht über Selfmade Records veröffentlichen. Die Fehde dagegen ist geblieben.
»Mein Freund, ich hoffe, man läuft sich bald mal über den Weg – dann kannst du mir das ja auch noch mal persönlich sagen«, sagte Kollegah auf dem Track damals außerdem zu Fler. Passiert ist besagtes persönliches Treffen seitdem bekanntlich nicht. Zwar wäre es Anfang des Jahres fast zu dem fiktional längst als großer Knall inszenierten Moment gekommen, aber beide fanden krude Ausreden, warum wer wann nicht vor Ort sein konnte und verpassten sich mal wieder (vielleicht auch besser so). Gestichelt wurde dagegen konsequent weiter. Fler sprach Kollegah die Realness ab, Kollegah Fler die kognitiven Fähigkeiten, vor allem dann, wenn es mal wieder ein neues Album zu promoten gab. Die Masche zieht nun mal. Auch jetzt wieder. Denn den Vorbestellungen von Kollegahs kommendem Album »Imperator«, das man seit heute kaufen kann, wird der neue Fler-Disstrack »Fanpost 2« sicherlich zugute kommen. Genauso übrigens den Verkäufen von Flers »Vibe«. Der Track ist also eine Win-win-Situation, beide zehren davon.
Der Streit der beiden ist mittlerweile so sehr zu einer Art Daily Soap verkommen (?), dass viele auf eine Fortsetzung warten. Die Serie »Fler vs. Kollegah« läuft nach der Schule auf den Tablets. Man entspannt sich, leichte Unterhaltung ist dabei der beste Weg. Der Beef ist zu einer Karikatur seiner selbst geworden. Man hört zu, lacht, fühlt sich unterhalten, hat aber längst nicht mehr das Gefühl, dass da zwei Leute wirklich aufeinander losgehen wollen. Schließlich würde man sich dann nicht sieben Jahre in der Öffentlichkeit streiten, sondern es wäre tatsächlich längst etwas passiert. Ob der Voyeurismus, zwei gestandenen Männern beim Streiten zuzusehen, jetzt cool ist, sei dahingestellt. Anschauen wird’s sich (vielleicht auch nur heimlich im verdunkelten Zimmer, damit es der Philosophie studierende Indie-Nerd von nebenan nicht mitbekommt) ohnehin jeder Rapfan. Dadurch wird den ganzen Drohungen der Wind aus den Segeln genommen. Denn viele der Neugierigen würden abspringen, sobald ein Streit verpackt in Reime in Gewalt eskaliert. Das wissen vermutlich auch Fler und Kollegah. Diese knapp 20 aufwändig inszenierten Minuten sind dementsprechend bloße Unterhaltung für zwischendurch. Angst machen sie keinem mehr, wirklich ernstgenommen werden sie nicht. Ist doch super.
Update:
Das Video wurde bei YouTube gesperrt, den Track gibt es dafür hier oder bei Vimeo.