Nipsey Hussle – Victory Lap // Review

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(All Money In / Atlantic / Warner Music)

Wertung: Fünf Kronen

Wie umgehen mit Künstlern, die sich homophob äußern oder wegen sexuellem Missbrauch angeklagt sind? Darf man als aufgeklärter Autor die Musik von XXXTentacion, 6ix9ine oder Nipsey Hussle, der Anfang des Jahres einen saudummen, schwulenfeindlichen Instagram-Post absetzte, positiv rezensieren (siehe Battle Of The Ear)? Aber machen wir uns nichts vor: Es gibt kaum ein Klassikeralbum, das einem Political-Correctness-Abgleich standhalten würde. Ganz ohne Doppelmoral lässt sich das Genre – das eben leider auch nur ein Abbild der Gesellschaft ist – nicht abfeiern. So voreingenommen ich dem Debütalbum von Nipsey Hussle deshalb entgegentrat: »Victory Lap« ist ein schnörkelloses Westküstenwerk und der schlüssigste Langspieler der bisherigen US-Rap-Saison. Nach abgeschlossenem Mixtape-Magister traut sich der Indie-Unternehmensberater erstmals an das Album-Format und verfasst einen Überlebensratgeber für aufstrebende Entrepreneurs: eine Art »4:44« für die Hood. Die einführende »Victory Lap« zieht direkt in den Bann – und Nipsey dazu wie ein geläuterter Tookie Williams durch den Kiez. Schaurige Corner-­Anekdoten beschreiben das tägliche Drama im Milieu – dass der 32-Jährige diese aber in selbstermächtigendem Mogul-Talk auflöst und eine Perspektive anbietet, unterscheidet ihn vom eindimensionalen Gangstarapper. Der Marathon-Mann ist als unermüd­licher Hustler bekannt, der das Deluxe-Boxen-System wie kein zweiter US-Rapper verinnerlicht hat: Unter den Vorbestellern des limitierten Album-Bundles verloste Nipsey eine Goldkette im Wert von 40.000 Dollar – jung, brutal, gutvermarktet. Alpha-Empire-Swag hin, Xenophobie her: Nipsey relativiert auf »Victory Lap« vergänglichen Materialismus und zelebriert im Crenshawer Pathos Black Excellence und seinen Weg aus der Kriminalität in der dritten Gangbanger-Generation. Die GospelGroßtat »Loaded Bass« von Jake One erinnert mit CeeLo-Chorus an »Tears Of Joy«, das emotionale Karriere-Highlight von Rick Ross. »Dedication« bestätigt mit Kendrick-Feature dessen Anspruch auf die Küstenkrone, beweist aber auch, dass hinter dem TDE-Camp und YG ein Treppchen auf dem West-Podest Nipsey Hussle gebührt.

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