Manuellsen – MB4 // Review

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(König im Schatten Records)

Wertung: Fünf Kronen

Eigentlich hatte sich das mit Manuellsen ziemlich eingependelt: Seit 2014 erschien jedes Jahr ein dreiviertelstündiger Straßenrap-Koloss von Album mit geschmackvollen, aber irgendwie ähnlich strukturierten Zeitgeist-Rapsongs, für die die Ruhrpottikone ausufernde Realtalk-­Videointerviews in den einschlägigen Formaten gab, um anschließend mit Memes oder Quotables mona­telang das HipHop-Internet zu beherrschen: Cafè full, NRW dicht, hot 32 – ihr wisst. Doch schon bei der Vorabsingle »Chrome«, einem brachialen Roadmovie-Trap, der tatsächlich das alte »Born To Roll«-Motiv von Masta Ace ins Jetzt katapultiert, wurde klar: »MB4« ist anders. Fakt ist, Manuellsen zählt seit über einem Jahrzehnt zu den musikalischsten Rappern des Landes. Wo andere effekthasche­risch Adlibs über die Message stellen oder per Autotune-Schräglage Emotionen auf Beats schummeln, croont M.Bilal eine Boss-Ansage auch gerne mal mit beeindruckender Sangesgabe über den Takt – was nicht heißt, dass er dich nicht an die Wand rappen könnte. Auf »MB4« schafft es Manuellsen, diese Dualität endlich formvollendet zu komprimieren. Versanken gerade die letzten Alben gern schnell im Biker-Pathos, lässt M auf der achten LP seine Wandelbarkeit atmen. Dunkelbunte Street-Anthems wie »Bloodyhands oder »Assasin« tauchen Famili­enangelegenheiten aus verrauchten Cafès in eindringliche Pottpoesie: »Begeh hier einen Fehler mit Brot/Klans spekulieren über Leben und Tod«. Gleichzeitig bedient M.Punkt den Rap-Liebhaber, wenn er Punchlines durch die Membrane wirbelt oder mit Luciano seiner verflossenen Thug-Love hinterhersingt. Und dann gibt es da noch seine Paradedisziplin: Atemberaubenden R’n’B-Großtaten wie »Halbmond« oder »Geist«, auf denen Manu in blutender Ehrlichkeit die Scherben eines gebrochenen Herzens zu Gänsehautmomenten montiert. Andere sprechen von Vielseitigkeit, Manuellsen hat sie. Ohne Gebrauchs-Trap, Type Beats und Shisha-Schlager trägt »MB4« mit Panoramaproduktionen den Soul zurück in deutsche Playlists. Ambitionz az a ridah, eben.

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1 Kommentar

  1. Wäre die deutsche Hip-Hop-Journaille tot, wenn sie gezwungen wäre, Rezensionen zu verfassen, die verstanden werden müssten auch von denjenigen, deren Werke rezensiert werden? Noch immer gilt: Studenten-Rap ist, was Studenten hören, auch wenn der Rapper der derbste Bolleck mit Djihadisten-Fresse ist.

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