Main Attrakionz – 808s & Dark…

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In der Bay Area hat man schon immer sein ganz eigenes Süppchen gekocht. Einige Jahre nach dem großen Hyphy-Hype hat sich daran immer noch nichts geändert, nur rücken in diesem Jahr mal wieder ein paar Künstler aus der Gegend langsam aber sicher in den Fokus der (Netz-)Öffentlichkeit. Klar, übersetzen sich die Zahl der Twitter-Follower, YouTube-Klicks oder die Anzahl der Einbettungen in diverse Blogs nach wie vor noch nicht in eine messbare Stellung im Mainstream, aber in der Netz-Welt ist »Gucci Gucci« ein Hit und Lil B ein Star.

Ebenfalls aus der Bay Area stammen Squadda B und Mondre M.A.N., zwei 19 Jahre alte Chaoten mit Vorliebe für die Kombination aus Promethazin-Säften und Sprite. Im Doppelpack nennen sie sich Main Attrakionz. Sie haben bereits das eine oder andere Mixtape veröffentlicht und auch sonst alle Stationen für angehende Netz-Hypes abgehakt. Genau wie ihre jungen Kollegen treiben Squadda und Mondre sich tagein tagaus auf Twitter herum und suchen rastlos auf Tumblr und Konsorten nach Inspiration – sei es ein obskurer Song aus den Siebzigern oder nur der nächste Blog mit Katzen-Fotos. Zwei gewöhnliche Mikro-Stars in the Making sind sie aber höchstens auf den ersten Blick.

Das Wörtchen »Swag« haben auch sie verinnerlicht. Die – Lil B sei Dank – zum Trend gewordene Vorliebe für sphärische, melancholische Esoterik-Schunkler Marke Clams Casino auch. Aber Main Attrakionz vollzogen in den letzten Monaten mehr als nur die Etablierung eines Memes – sie erschufen sich ihren eigenen, kleinen, faszinierenden Kosmos. Das nette Kritiker-Wort-Konstrukt »Cloud Rap« wurde quasi für sie geschaffen. Narkotisierende, süchtig machende Musik für jene Kids, die sich ihre langweilige Realität per Substanz-Missbrauch bunt malen.

Aber während Lil B sich, wenn er nicht gerade völlig unzusammenhängenden Quatsch erzählt, darin gefällt, möglichst kindlich und naiv eine bessere Welt herbeizurappen, ist für Squadda B und Mondre M.A.N. scheinbar bereits alles verloren. »I’m sick and tired of tryin to survive.« Juvenile Glückseligkeit sieht anders aus.

Aber irgendwie logisch. Das sich der westliche Gesellschaftsentwurf seit einer ganzen Weile in der Krise befindet, haben nicht nur europäische Journalisten mitbekommen. Trotz Zeilen wie dieser und nihilistischen Albentiteln (» I Smoke Because I Dont Care About Death«) ist auch »808s And Dark Grapes II«, der neue Longplayer der Main Attrakionz, kein wirklicher Abgesang auf althergebrachte Rap-Standards. Gebraggt und geboastet wird auch hier gerne mal. Man bezeichnet sich ja nicht umsonst in so jungen Jahren mit mehr oder weniger erkenntlichem Augenzwinkern als »best duo ever«.

Vermutlich funktioniert »808s And Dark Grapes II« gerade wegen dieser Selbstsicherheit so gut als kleiner Mikro-Kosmos. Mit viel Drogen und hypnotischen, flächigen Beats, die sich zu gleichen Teilen an der 808-infizierten Musik ihrer Heimat und der weiterhin allgegenwärtigen Lo-Fi-Ästhetik bedienen, katapultieren die beiden Rapper sich und ihre Hörer in eine Parallelwelt. In dieser wirken alle Probleme nichtig. Aber nur auf den ersten Blick. Sobald die Gedanken im Rausch in Bewegung bekommen, kehrt die Erinnerung an den Schmerz ein, der einen erwartet, sobald man von seinem Trip runterkommt – oder eben den iPod ausmacht.

DOWNLOAD: Main Attrakionz – 808s and Dark Grapes II

The Neighborhood: SOMA // Main Attrakionz from Yours Truly on Vimeo.

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