»Nach ‚New Level‘ hatte ich erst mal keinen Bock mehr, Musik zu machen« // LGoony im Interview

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LGoony setzt alles auf Anfang. Nach allem, was in den letzten Jahren seinen eigenen und den gesamten Deutschrap-Kosmos aufgewirbelt hat, setzt das Head-Of-Lichtgang wieder auf den Kern seiner Stärken: Er macht, worauf er Bock hat. Keine Kompromisse mehr – schließlich gab es davon innerhalb der letzten zwei Jahre genug.

»New Level«, seine EP mit Crack Ignaz und Soufian, und der anschließende Red Bull Soundclash im Dezember 2017 haben das Goonyverse auf die Probe gestellt. »Es hat sich zu genau dem entwickelt, was ich nie wollte«, erzählt er – und bereut dennoch keine seiner Entscheidungen. Schließlich wäre LGoony nicht der (selbsternannte) »Segen für die Szene«, wenn er sich von ihrem Druck irritieren ließe. Also nutzt er die bisher stressigste Phase seiner Karriere, um sich zurück auf seine »Millionen Euro«-Leichtigkeit zu besinnen. Im Januar erscheint »Lightcore« und bringt den Goony zurück, der nicht anders kann, als den Hype an sich zu reißen. Nur eben auf neuem Level.

Du hast gesagt, dass du jedes Projekt anders angehst. Wie lief das bei »Lightcore«?
Das war ein ziemlich langer Prozess. Eigentlich wollte ich, dass »Lightcore« wie »Intergalactica« minus das Weltraumthema wird. Das habe ich ja damit zum Höhepunkt getrieben, in fast jedem Songs ging’s darum – ich will aber nicht »der Weltraumrapper« sein. (lacht) Dann kam aber der Soundclash und hat das Gefüge ein bisschen gesprengt. Danach wollte ich einfach alles lockerer angehen und weniger verkopft.

»Intergalactica« war also verkopft?
»Intergalactica« ist innerhalb von drei Monaten entstanden, und allein durch diese Deadline habe ich mich viel mehr verkopft. Jetzt habe ich es wieder gemacht wie am Anfang: nur Musik machen, wenn ich Bock hab. Das bringt schon sehr viel.

Wie blickst du auf den Soundclash und die gesamte »New Level«-Phase zurück?
Es hat sich zu genau dem entwickelt, was ich nie wollte: »New Level« wurde zum Szeneding, und irgendwelche Leute, die nichts mit unserer Musik zu tun haben, konnten uns plötzlich reinreden. Im Nachhinein war das eine sehr stressige Phase. Ich bereue es nicht, aber es hat sehr viel Kraft aus mir gezogen, und danach hatte ich auch erst mal keinen Bock mehr, Musik zu machen. Das lag nicht am Soundclash selbst, das Event an sich ist cool, sondern am ganzen Drumherum. Es war weniger durchgeplant, als man vielleicht denken könnte, im Gegenteil: Dinge haben nicht funktioniert, ich musste zum Beispiel einspringen und das Cover selbst machen, und weil der Mix mir nicht gefallen hat, habe ich den am Ende auch selbst gemacht. Wenn solche Dinge kurzfristig passieren, ist das einfach anstrengend. Trotzdem war es cool, mal was in die Richtung zu machen. Auch mit Soufian, guter Rapper auf jeden Fall. Das ganze Konzept fand ich auch interessant: Ein österreichischer Rapper, ein Mittelstandsrapper und ein Azzlack machen zusammen eine EP.

Was hast du aus dieser Phase konkret mitgenommen, was du heute nutzen kannst?
Dass ich lieber alleine arbeite. Und eben mit meinen Leuten. Ich habe einfach gemerkt, dass ich mich am besten auf mich selbst verlassen kann. Ich hole mir lieber meine Leute, denen ich vertraue, als mich wieder auf so ein riesiges Netzwerk einzulassen. Auch die Dreierkonstellation hat es schwierig gemacht, weil man immer erst alles untereinander abklären musste. Das hat den Prozess extrem verlangsamt. War auch sehr szenemäßig alles. Als beim Soundclash dann alle möglichen Rapper im Backstage waren, war das einfach nicht meine Welt. Ich arbeite lieber mit wenigen Leuten, als mich in die ganze Szene reinzubegeben.

»Als beim Soundclash dann alle möglichen Rapper im Backstage waren, war das einfach nicht meine Welt«

Mit der Lichtgang?
Ja. James Jetski, Yung Isvvc, Neon Racer, Boi Husky … das sind einfach die Leute, mit denen ich seit 2012 Musik mache, da kommen auch nicht wirklich mehr dazu. Die Lichtgang gibt es, weil es Sinn gemacht hat, auch gemeinsam in der Öffentlichkeit aufzutreten. Meine Leute sind auch eine der Hauptinspirationen für meine Musik.

War die »New Level«-Phase bisheriger Stresshöhepunkt deiner Karriere?
Ja, wahrscheinlich schon. Es gibt immer stressige Phasen, aber diese ging einfach so lange. Dann sagen dir irgendwelche Leute ab wegen Geld oder weil es Red Bull ist und sie Angst um ihr Image haben. Versteh ich alles, aber im Endeffekt ist es einfach eine Musikveranstaltung, und Red Bull gibt eben die Plattform. Außerdem hatten wir auf beiden Seiten viel Diversität. Es war einfach schwierig, so viele Kompromisse einzugehen. Für mich war es schon eine Überwindung, überhaupt mit jemand Fremdem zu arbeiten. Dann lässt man sich drauf ein, und es läuft eben nicht so, wie man es sich gewünscht hat.

War es auch stressig, was deine Beziehung zu Ignaz angeht?
Nein, überhaupt nicht. Das Musikmachen hat am meisten Spaß gemacht. Unter uns war alles cool.

Also buchst du die ganze Sache einfach als Erfahrung ab, die dir gezeigt hat, dass du wieder dein eigenes Ding machen willst?
Genau.

Du hast mal gesagt, dass du hauptsächlich über deine Musik wahrgenommen werden willst, nicht als die Person dahinter. Das hat in den letzten Jahren etwas geschwankt, finde ich. Mit »Utopia«, »Heilig«, »Blutmond« hast du schon mehr Einblick gewährt.
Eigentlich waren die gar nicht so deep, es war einfach eine andere Herangehensweise. Diese Sachen sind aber schon zum richtigen Zeitpunkt rausgekommen. Wenn man aus der Moneyboy-Ecke kommt, hat man automatisch Fans, die unsere Musik ironisch hören. Das hat mir nicht gefallen. Die Videos zu »Utopia« und »Heilig« haben einen guten Beitrag dazu geleistet, dass meine Musik ein bisschen ernster genommen wird. Aber das sehe ich jetzt im Nachhinein, zu dem Zeitpunkt war das kein Plan oder keine Absicht.

Du entscheidest sowieso viel aus dem Bauch heraus, oder?
Ja, voll. Ich versuche eigentlich immer, aus dem Bauch heraus zu entscheiden. Das sind immer die besten Entscheidungen gewesen. Wenn ich zu sehr über etwas nachgedacht habe, wurde es schwierig.

Hast du ein Beispiel für so eine verkopfte Entscheidung?
Ja, der Soundclash zum Beispiel. Eigentlich wollte ich es nicht machen. Dann gab es aber so viele gute Argumente dafür, dass ich es doch gemacht habe. Aber mein erster Impuls war: Nee, lass mal lieber.

Du hast dich ja immer eher rausgehalten aus der Szene. Hast du aber mal irgendeine Zusammenarbeit abgelehnt und denkst heute: »Fuck, vielleicht wär das doch cool gewesen«?
Ich bekomme echt so gut wie gar keine Feature-Anfragen. Ich glaube, ich wirke schon so, als würde ich mit niemandem was machen wollen. Mit den Leuten, die mich danach fragen, bin ich eh meistens schon cool, und dann mach ich das auch gerne. Aber Deutschrap ist sehr viel Ego. Die Szene ist einfach schwierig.

Auf »Lightcore« rappst du, dass du ein Segen für die Szene bist. Wer noch?
Meine Jungs natürlich. Man, das ist so die Standard-Rapper-Antwort. Immer gut finde ich Haiyti, Juicy … aber ich kann dazu echt kaum was sagen, weil ich das alles einfach nicht höre.

Das hat sich aber geändert, oder? Du hast doch früher viel Deutschrap gehört?
Früher hab ich alles gehört. Aber ich glaube, dass ich mich eben überhört habe. Deswegen mache ich auch die Musik, die ich mache, weil mir alles irgendwann zu konzeptreich und inhaltsschwanger wurde. In der Zeit, als ich als LGoony angefangen hab, war das der Gegenentwurf dazu. Weil meine Songs eben kein Thema haben, es geht um irgendwelche Sachen: Geld, Weltraum, irgendwelche Farben, Lichter … das ist ja alles nicht real. Diese Inhaltslosigkeit war aber wichtig, damit der Fokus zum Beispiel auf Melodien liegen kann.

»Ich bekomme echt so gut wie gar keine Feature-Anfragen«

Auf »Neu geboren« rappst du: »Immer noch Anti-Hype.« Gab es Momente, in denen du dich daran erinnern musstest?
Eigentlich nicht. Dieses Anti-Hype ist ja auch weniger Anti-Mein-Hype, sondern eher gegen die Sachen, die gerade in sind und die von allen kopiert werden.

Gibt es gerade einen Autotune-Overload?
Ja, auf jeden Fall. Das ist sehr schade, weil es eigentlich ein sehr kreatives Instrument ist. Aber die meisten benutzen es eh gleich – und dann klingt auch alles gleich. Man hat so viele Möglichkeiten damit, aber alle kopieren einander nur, und das nimmt den ganzen Appeal. Aber ich will mich nicht an denen orientieren. Ich mag einfach den Klang und dass man mit Autotune so viel rumexperimentieren kann. Mir ist es bewusst, dass es alle gerade benutzen, aber ich versuche mich davon freizumachen. Ich will nicht anhand von Effekten im Kontext der ganzen Szene wahrgenommen werden.

Du wurdest auch in vielerlei Hinsicht kopiert. Hast du mal befürchtet, dass Leute, die sich an deiner Musik orientiert haben, dich überholen könnten?
Ja, das gibt’s ja schon.

Wen meinst du?
Das kann ich dir off the record sagen. (lacht) Man hat schon manchmal das Gefühl, dass die einem etwas wegnehmen. Aber das ist eben Musik, man wird beeinflusst. Für mich ist es nur dann ein Problem, wenn es unkreativ verarbeitet wird und man nur übernimmt, was schon da ist. Wenn man einfach nur die Einflüsse raushören kann und daraus etwas Neues entstanden ist, ist das cool. So ist es ja bei mir auch, wahrscheinlich kann man teilweise ziemlich genau raushören, was mich beeinflusst hat. Ich will niemandem Biting vorwerfen. Im Endeffekt ist ja alles nur Wiederholung, Musik ist schon beschränkt in diesem Sinne. Alle Inhalte oder Flows gab’s ja schon. Nur wenn es direkt kopiert wird und es gibt ein Beispiel, wo deutlich wird, dass jemand meine gesamte Ästhetik übernommen hat, wird es schwierig. Aber ich nehme das denen nicht übel.

Du lässt dich viel über die Szene aus. Glaubst du, dass es wichtig ist, deine Position zu formulieren, oder kotzt dich die Szene so an, dass es einfach raus muss?
Hmm. Schwierig. Ich bin ja eigentlich Fan von Deutschrap, aber gleichzeitig extrem genervt davon. Ich will mit denen nichts zu tun haben. Auch wenn ich Leute früher cool fand, hat sich das teilweise leider verändert. Mir ist es wichtig, dass ich zeige, dass wir einfach unser Ding machen – auch wenn es denen wahrscheinlich egal ist. Ich will ab und zu klarmachen, dass ich damit nichts zu tun haben will. Eigentlich zeigt sich das ja auch in meinen Aktionen, ich weiß gar nicht, warum ich das dann nochmal sagen muss. (lacht) Wahrscheinlich mach ich’s für mich.

Wie sieht’s eigentlich mit deinen Playlist-Plänen aus?
(lacht) Naja, das Playlist-Ding war ein Versuch, auf diese Spotify-Welt einzugehen. Jetzt ist daraus »Lightcore« geworden. Damals war geplant, dass ich – wie ganz am Anfang – zu »Space Tape«-, »Grape Tape«-Zeiten einfach Songs mache und dann direkt raushaue. Dann kam der Soundclash. Ich weiß nicht, ich mache doch lieber zusammenhängende Projekte, wo ich wirklich drauf achten kann, dass alles zusammenpasst. Mixtape ist eher mein Format.

Und welche Pläne verfolgst du dann gerade? Auch mit deiner Lichtgang.
Absolut keine. Wir wollen einfach nur gute Musik machen.

Text: Enya Elstner
Foto: Maxim Diehl

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