Kodak Black – HeartBreak Kodak // Review

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Zwei Kronen
(Atlantic / Warner Music)

Kodak Black sitzt mal wieder hinter Gittern, aber keine Angst: Er weiß, wen die Schuld diesbezüglich trifft – und rechnet nun ab. Mit der Gesellschaft, dem Staat und – na klar – den Frauen. Die Lage ist eindeutig: »But I don’t be tryna be violent, life could be much greater/But they wanna see me in prison, wanna see me on them papers«. Um zu klären, wer genau »die« sind und was seine private Einsamkeit im Detail mit seinen Gesetzeskonflikten zu tun hat, bleibt auf diesem Mixtape kein Platz. Paranoia und Ignoranz haben im Rap zwar eine lange Tradition, doch auf »Heartbreak Kodak« verschmelzen sie mit einer Larmoyanz, die selbst in der aktuellen Emo-Rap-Welle ihres­gleichen sucht. Neben Trap richtet sich die Musik dazu vor allem an R’n’B und der Klangästhetik hinter »808s & Heartbreak« aus, dessen Geist zwangsläufig über diesem Projekt schwebt. Wo Kanye seinen milliardenschweren Weltschmerz jedoch nicht nur in kühle Eighties-Sounds goss, sondern ebenso lyrisch verdichtete und zu finsteren Selbsterkenntnissen trieb, ­kommen künstlerischer Mehrwert und fundierte Reflexion des eigenen Handelns hier über weite Strecken zu kurz. Immer wieder verliert Kodak sich während dieses einstündigen Bewusstseinsstroms in selbstmitleidigen Schuldzuweisungen und Songkonzepten, die auf unspektakulären Beats (»Kicking In«) und unmotiviert weggemurmelten Phrasen (»Acting Weird«) fußen. Was einem Hit am nächsten kommt, ist die verdrogte, aber lediglich recyclete Lil-Wayne-Kollabo »Codeine Dreaming«, die hier zudem ähnlich deplatziert wirkt wie das Artwork, auf dem Kodak als Amor karikiert wird. Am Ende also vielleicht alles nur Parodie? Dafür gibt es zu wenige Indizien, gerade mit Blick auf das Drama, das Songs wie das halbseidene »Corrupted«. Aber selbst wenn alle Songs gelungen wären, würde das noch nicht erklären, wie man das hier präsentierte Selbstverständnis schlüssig mit dem Verhalten in Einklang bringen soll, das Kodak in den vergangenen Monaten Frauen gegenüber gezeigt hat, eine offene Anklage wegen Missbrauchs eingeschlossen.

Text:Sebastian Berlich

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