KitschKrieg: »Man muss nicht alles unnötig verkomplizieren« // Interview

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Besteht denn bei den aktuellen Soundtrends nicht die Gefahr, dass irgendwann ein Peak eintritt und sich die Musik nicht mehr weiterentwickelt?
Fiji Kris: Wenn man immer natürlich weiterarbeitet, gibt es diesen Ist-Zustand nicht. Alles ist fließend, wenn man immer das macht, was sich in dem Moment richtig anfühlt. »KK1« klingt nicht wie »KK2«, klingt nicht wie »KK3«. Die Genre-Bezeichnung ist dann Sache der Konsumenten und Journalisten. Und Schubladen – so sehr man sie hasst – können ja auch manchmal helfen, etwas zu beschreiben. Die Frage ist: Kann man es so rüberbringen, wie es gemeint ist? In dem Fall ist das Genre oder das musikalische Vehikel eigentlich sekundär. Die Frage, die am Ende bleibt, lautet »Ist der Song gut?«. Bei jedem Genre, das irgendwann einen Peak hatte, sind die Songs, die damals Hits waren, immer noch gut.

Wie kann man sich bei euch den Entstehungsprozess eurer Beats und Projekte vorstellen? Wie sieht die Arbeitsteilung aus?
Fizzle: Da gab es und gibt es die verschiedensten Herangehensweisen, die am Ende zum fertigen Lied geführt haben. Die Stärke der Konstellation KitschKrieg ist die Tatsache, dass wir uns alle schon lange kennen und inzwischen wissen, was wir möchten und wie man am besten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommt. Man muss das auch nicht unnötig verkomplizieren und es als Muss ansehen, dass alle an einem Beat beteiligt sind, damit alle was gemacht haben. Manchmal liefert einer von uns eine Skizze, die der andere dann weiter ausarbeitet, manchmal enstehen Beats von Anfang an im Kollektiv und manchmal ist das Endprodukt im Prinzip ein Remix – wie bei »Skyline«.
Fiji Kris: Der große Unterschied zu vielen Konstellationen ist, dass wir nicht nach dem klassischen Modell agieren, Beats vorzuproduzieren, von denen sich der Künstler dann welche pickt. Wie vorhin schon erwähnt, setzen wir uns mit den Künstlern hin und versuchen herauszuhorchen, was sie wollen und was sie verkörpern könnten. In Tretti steckte es auch irgendwie schon drin und auch bei Haiyti haben wir gemerkt, dass es noch eine Facette gab, die noch nicht beleuchtet wurde. Wir präsentieren dem Künstler also eine Idee – weil es halt um Songs geht. Jeder kann geile Beats machen. Wir versuchen geile Lieder zu machen, die länger halten.

Sobald jemand reinkommt und meint zu wissen, wie was laufen soll, wird’s halt scheiße und man verliert den Spaß daran.


Gibt es denn auch ab und zu Missverständnisse untereinander?

Fiji Kris: Manchmal, ja. Aber die Quote ist ziemlich gut. Das liegt daran, dass die Referenzen stimmen und wir uns gegenseitig nicht so viel erklären müssen, weil wir eine gemeinsame Metaebene haben, auf der wir diskutieren können. Die Teammember sollten am besten verschiedene Bereiche bedienen, die möglichst weit voneinander erntfernt liegen. Im Zuge der Arbeitsteilung ist es gut, wenn einer sich total in die Details vertiefen kann und dafür sorgt, dass zum Beispiel die Snare richtig knallt, während der andere mit einer größeren Übersicht Tipps von außen geben kann. Außerdem ist es wichtig, die Egos ein bisschen zurückzustellen und konstruktive Kritik zuzulassen.
°awhodat°: Es gibt auch oft Momente, wo man mit dem Künstler zusammen im Studio ist – bei Haiyti war das letztens so -, der Künstler die Kabine betritt, anfängt zu rappen und wir uns alle einfach nur anschauen und ohne verbal zu kommunizieren merken, dass es passt und ein guter Moment ist.

 
Rooq hatte kürzlich in einer Abrechnung das respektlose Verhalten von Rappern gegenüber Produzenten kritisiert. Wie bewertet ihr denn den Status von Produzenten in Deutschland?
Fizzle: Wie gesagt: Wir sind keine Beatmaker im klassischen Sinne und schicken irgendein zip-File an random Leute raus. Wir gehen mit den Leuten zusammen ins Studio und machen Lieder, weswegen wir in einer anderen Position sind.
Fiji Kris: Und es geht ja auch noch darüber hinaus. Wir machen nicht nur Lieder, sondern ganze Projekte mit den Künstlern. Dazu kommen dann auch die Visuals und viele andere Dinge. Wir nehmen also mehr das Steuer in die Hand. Das verschafft einem eine andere Position, wenn es darum geht mitzubestimmen, wie bestimmte Dinge umgesetzt werden.

Muss es dann immer diese Projekt-Form sein oder kommen auch einzelne Songs mit Künstlern infrage? Ist in naher Zukunft etwas mit weiteren Artists geplant?
Fiji Kris: Wir wollen erst mal die laufenden Projekte abschließen. Die Konstellation KitschKrieg macht eben auch interessant, dass wir nicht mit den alten Helden arbeiten, sondern mehr oder weniger neue Themen aufbauen – mit denen wir zusammen wachsen können. Das findet alles sehr auf Augehöhe statt. Wir sind ja alle schon ein bisschen länger im Musikbusinnes. Und je länger man dabei ist, desto mehr merkt man, dass man einfach nur Musik machen will, ohne das ganze Drumherum. Sobald jemand reinkommt und meint zu wissen, wie was laufen soll, wird’s scheiße und man verliert den Spaß. Das haben wir alle nicht nötig.
Fizzle: Ein Produkt vom Anfang bis zum Ende mitzugestalten – mit Artwork, mit Photos, mit Videos – und den Do-it-yourself-Gedanken bis zum Ende durchzuziehen – das ist das, was Spaß macht. Und das ist auch der Grund, weswegen die Künstler Bock darauf haben, diese EPs mit uns zusammen zu machen: Weil es funktioniert, weil es schnell und unkompliziert ist.

Was bedeutet euere Name eigentlich? »Kitsch« und »Krieg« sind ja zwei recht widersprüchliche Wörter…
Fiji Kris: Das is wie Guns N‘ Roses. (lacht)
Fizzle: »Was ist so geil wie Guns N‘ Roses?« war die Überlegung. (lacht)
Fiji Kris: Wir wollten einen deutschen Namen, der auch im Englischen funktioniert. Und zwei Wörter, die wie z.B. Kindergarten im Deutschen und im Englischen funktionieren, waren »Blitzkrieg« und »Kitsch«. Und da Gegensätze immer schön sind, ist daraus KitschKrieg entstanden.

 
Fotos: °awhodat°

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