Kanye West – M.B.D.T.F.

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Endlich geschafft: Sein viertes Album ist genau das musikalische Meisterwerk, das Kanye West in den Pop-Olymp emporhebt. Dafür hat Yeezy die charakteristischen Merkmale und prägenden Momente seines Backkatalogs aufs Genauste studiert, behutsam seziert und gekonnt zu exakt dem Klangbild kompiliert, das nicht länger nur seinen Ambitionen als affektierter HipHop-Komponist mit Hang zum Größenwahn gerecht wird. Denn das hier ist echte Musik – aber was für welche. Gleich zu Beginn, nach dem Minaj-Monolog, wenn ein hochgeschraubter Mike Oldfield „Could we get much higher?“ fragt und Kanye sich auf einen treibenden Piano-Loop schwingt, wird die Marschrichtung vorgeben: Höha, schnella, weida, um hier mal das Rödelheim Hartreim Projekt zu bemühen. Sei es die rumpelnde Egomanie auf King Crimson-Basis („Power“) oder wie sich „Devil In A New Dress“ nach drei Minuten ganz selbstverständlich von der Struktur des klassischen Smokey Robinson-Samples trennt und mit Gitarrenriffs zu erhabenem Stadionrock transformiert, all das zeigt imposant: Dies ist Einlaufmusik für Superhelden, es sind heroischen Hymnen für den Stadium Status, der schon auf „Graduation“ immer wieder durchschimmerte. Das hier ist genau das Album, das Kanye immer wollte. Ein Album für alles und jeden – für Menschen, denen das melancholische Timbre von Bon Iver-Frontmann Justin Vernon eine Gänsehaut bis unter die Schädeldecke beschert, die die Notwendigkeit eines Aphex Twin-Samples auf dieser Platte genauso verstehen wie das pompöse Symposion „All Of The Lights“, das Altmeister Elton John oder Elly Jackson von La Roux mit Rihanna, Fergie und sieben (!) weiteren A-Liga-Künstlern auf einem großen Popmoment vereint. Die Art, wie Kanye West respektvoll mit benachbarten Genres umgeht und sie mit seiner eigenen musikalischen Sozialisierung zusammenfügt, zeigt, wie ernst er diese Grenzgänge meint. Das Ergebnis sind Songs, die zwar um Querverweise und Gastauftritte der eigenen Helden – Jay-Z, The RZA, Gil Scott-Heron oder Raekwon – angereichert wurden, aber genau dadurch zu Musik reifen, die ganz unabhängig von jedem Zeitgeist funktioniert. Und selbst wenn DJ Premier am Ende mit der Prognose einer west’schen Rückbesinnung auf „strictly hard beats and rhymes“ nicht ganz recht behalten hat, ist „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ in letzter Konsequenz ein HipHop-Album. Allerdings eines, das die längst fällige seriöse Annexion des Prinzips Pop vollzieht und dabei unter Beweis stellt, dass der abgehoben wirkende Mr. West es auf beeindruckende Art und Weise schafft, seine künstlerischen Eingebungen in eine schlüssige eigene Soundvision zu übersetzen. Kanye West hat unsere Kultur mit dem nötigen und vor allem seriösen Rüstzeug fürs Überleben ausgestattet und gleichzeitig dafür gesorgt, dass HipHop nicht endgültig zur Minstrel-Show zwischen Soulja Boy und Shawty Lo verkommt. Er zieht sich nicht in die subkulturell bequeme Position des Untergrundlieblings zurück, lässt aber auch nicht jene inhaltliche Leere einziehen, die den Mainstream-Rap der letzten 10 Jahre dominiert hat. Nicht zuletzt dafür gebührt ihm Respekt. Good ass job, Mr. West! Hier sind sie nun, deine sechs wohlverdienten Kronen.

Def Jam

Jan Wehn


KanYe West – Monster (Official Video)
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