(Juse Ju/Groove Attack)
»Ich heiße Juse/Und ich bin funky«. Wer einen HipHop-Song im Jahr 2019 mit derartigen Worten eröffnet, ist entweder ein etwas in die Jahre gekommener Rap-Fan mit unveränderter Liebe für die Kultur oder ein Idealist, der überzeugt zum Antihelden mutiert ist. Im Falle von Juse Ju trifft vermutlich beides zu. Mit Mitte dreißig zählt der schwäbische Wahlberliner aus München mit Biografiebruchteilen in Tokyo und Texas nicht mehr ganz zu den juvenilen Hot Boyz auf dem Schulhof, hat aber mit seinem letzten Album »Shibuya Crossing« tatsächlich so etwas wie einen Karrieremeilenstein vorgelegt. Derartige Momente halten bekanntermaßen jung und dynamisch – fragt mal Dendemann oder Megaloh. Nun ist Platz 35 der deutschen Charts und eine eigene Tour durch die Bundesrepublik nicht gleich auf »Da nich für!«-Niveau, doch definierte das vierte Album den ewigen Sidekick von Fatoni endlich als einen eigenständigen Künstler. Juse hat jetzt eine Geschichte, auf die er zurückgreifen kann. Der EP-Einschub »Untertreib nicht deine Rolle« ist entsprechend gelöst von Erwartungen und eher aus Liebe zum Spiel entstanden als einem dringlichen Mittleiungsbedürfnis. Zwischen zeitgenössischem Synthie-Geballer oder Wollsocken-Boombap von Dexter, Enaka und B-Side, reflektiert Ju mit Grönemeyer-Metrik über toxic masculinity und Paviane, entdeckt den inneren Pladdin Mardin vor der Generation »Modus Mio« und zieht Analogien zwischen dem Straßenrap-Status-quo und Biedermann. Bei allem Studentenhumor, der klaren Awarness of a Mittelstandskind und seinem Flow, der immer leicht vollgestopft, aber sympathisch in den Takt rutscht, ist »Untertreib nicht deine Rolle« ein Statement. Gegen Fascho-Ideologie, das Diktat der Coolness und Langeweile im Rap. Oder wie es Juse sagt: »Ich bin nicht anti/Ich bin wie ihr«. Wahr das.