Es gab eine Zeit, da existierte de facto nur ein Perlwein of Choice für erfolgreiche Rapper: Cristal, der Cuvée de Prestige aus dem Champagnerhaus Louis Roederer. Diese Epoche begann irgendwann Mitte der Neunziger, doch sie fand ihr jähes Ende im Jahr 2006. In einem Interview mit dem Economist hatte sich der damalige Geschäftsführer von Louis Roederer, Frederic Rouzaud, eindeutig zweideutig zu den Liebesbekundungen für seinen Champagner aus Rap-Kreisen geäußert. Auf die Frage, ob sich die Nähe zum »Bling-Lifestyle« vieler Rapper schädlich auf das Image seines Produkts auswirken könnte, antwortete er: »Gute Frage. Aber was sollen wir tun? Wir können es den Leuten ja nicht verbieten, [Cristal] zu kaufen. Ich bin mir sicher, dass Dom Perignon oder Krug entzückt wären, sie als Kunden zu gewinnen.«
Rouzaud hatte die Rechnung nicht mit einem gewissen Shawn Corey Carter gemacht. Jay Z deutete die von Rouzaud getätigten Aussagen als klar rassistisch und rief kurzerhand zum Boykott von Cristal und allen anderen Roederer-Produkten auf. Und der Boykott funktionierte: Selbst als Rapgenuis-Dauergast dürfte es einem schwerfallen, Cristal-Verweise in nach 2006 veröffentlichten Tracks zu finden. 2010 verewigte Jay gar seine Verachtung gegenüber dem einstigen Lieblingsgesöff in einer Line auf »On To The Next One«: »I used to drink Cristal, the muh’fucker’s racist/So I switched gold bottles on to that Spade shit«. Die güldenen Flaschen, von denen da die Rede war, kennt man als Hobby-Sommelier unter dem Namen Armand de Brignac – als Markenname eine Stolperfalle für den durchschnittlichen US-Rapper. Dank seines Logos, das ein Pik-As zeigt, wurde der Champagner in Amerika stattdessen, auch aufgrund der nicht unwesentlichen Schleichwerbung seitens Hova, unter dem Namen Ace of Spade bekannt. Seit dem »Show Me What You Got«-Video tauchen Ace-of-Spade-Flaschen bei jeder erdenklichen Gelegenheit in Jays Videos auf, die dem Perlwein gewidmeten Bars würden den Rahmen dieser Meldung sprengen.
Den vorläufigen Höhepunkt seiner Verehrung für den Cuvée-Champagner hat Jay Z gestern erreicht: Medienberichten zufolge hat er die Marke Armand de Brignac für eine noch unbekannte Summe erworben. Wobei die Akquise seines Lieblingschampagners nicht der erste Businessmove auf dem Spirituosenmarkt ist: Bereits zu Roc-a-fella-Hochzeiten besaß Jay mit seinen damaligen Geschäftspartnern Damon Dash und Kareem »Biggs« Burke die US-Vertriebsrechte an der Wodkamarke Armadale. Jay Zs Privatvermögen, das Experten auf mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar schätzen, dürfte also in absehbarer Zeit noch weiter anwachsen. Ob der Kauf des Champagnerhauses zumindest in Teilen von Diddys Puff Daddys Erfolg mit der Wodkamarke Ciroc inspiriert ist, ist nicht überliefert. Zumindest sollte die Tatsache, dass Puffy im alljährlichen Forbes-Ranking »Hip-Hop Cash Kings« trotz eher spärlicher musikalischer Erfolge kontinuierlich vor Jay rangiert, einen Teil zur Entscheidungsfindung beigetragen haben. In diesem Sinne: à votre santé, Hov!