»Für mich zählt immer noch das HipHop-Ding« // MC Bogy im Interview

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Der ehemalige Bassboxxx-Rapper MC Bogy gilt als Aushängeschild des Berliner Straßenraps. In diesem Jahr ­veröffentlichte der charismatische Atzenkeeper bereits eine DVD, einen Sampler sowie eine Compilation – und es scheint kein Ende in Sicht: Auf seinem zweiten Mixtape “Der Oldtimer”, das dieser Tage bei Distributionz erscheint, braucht der Hörer keine Anbiederungen an aktuelle ­musikalische Trends erwarten – was angesichts des bisherigen Schaffens des “lyrischen Hooligans” auch kaum verwundert…

Warum bist du “Der Oldtimer”?
Ich bin meinem Stil stets treu geblieben und in meiner Entwicklung auf gewisse Weise stagniert. Für mich zählt immer noch das HipHop-Ding, das viele mittlerweile belächeln. Ich zieh mir gerne ­fahrende Trains rein, kuck mir die Breakdancer auf dem Ku’damm an und liebe Rap-Battles. In einer Techno-Disco könnte ich 20 Pillen fressen und wäre trotzdem nach fünf Minuten wieder draußen. Das klingt für mich wie neben einer Baustelle. Mein Herz schlägt für HipHop.

Du hast einen enorm hohen Output. Denkst du nicht, dass du deine Fans übersättigst, gerade wenn man bedenkt, dass sich die Inhalte stets ähneln?
Ich bin nun mal kein Hollywood-Rapper und kein Schauspieler. Ich behalte meine Linie bei. Ich ­wache jeden Tag im selben Körper, in ­derselben Wohnung und in derselben Stadt auf, daher ­wiederholen sich auch gewisse Inhalte. Trotzdem versuche ich Abwechslung in meine Musik zu ­bringen. Ich gehe einmal die Woche ins Studio, dann nehme ich aber auch bis zu fünf Tracks auf. Und ich habe kaum Ausschussware.

Versuchst du dich denn raptechnisch zu ­steigern?
Jedes Mal! Der Flow ist mir sehr wichtig, aber vor allem geht es mir um die Aussage und das Gesamtbild. Ich finde zum Beispiel, dass Kool G Rap einen guten Flow hat, würde mir aber niemals ­Twista reinziehen. Es geht nicht darum, einfach nur ganz schnell Wörter runter zu rattern. Aber das ist natürlich alles Geschmackssache.

Dein neues Mixtape ist bewusst oldschoolig gehalten. Kannst du mit dem aktuellen Musikgeschehen nichts anfangen?
Gar nichts! Ich kaufe mir fast nur CDs aus den Neunzigern. Mit dem Zeug, das momentan gehypet wird, kannst du mich jagen. Ich bin zwar auch Geschäftsmann, aber in erster Linie bin ich Musiker und muss mich mit meiner Musik wohl fühlen. Wenn ich mehr Kohle machen wollte, müsste ich mehr die breite Masse bedienen, aber leichte Kost und Tanzbares gibt es bei mir nun mal nicht.

Hat sich dein Erfolg denn seit deinen ersten Alben ­gesteigert?
Komischerweise hatte ich zu Zeiten von “Willkommen in Abschaum City”, als ich im Knast war, einen kleinen Hype. Damals haben wir fast 10.000 über Aggro Berlin verkauft. Aber ich kann immer noch mit festen Verkaufszahlen rechnen. Durch Downloads und die Wirtschaftskrise sind CDs natürlich ein Luxusprodukt geworden.

Gibt es dein Label NMK Entertainment noch?
Ja, aber ich bin dort der einzige Künstler. Mastino gehört zwar noch zum Team, aber sein Vertrag ist ausgelaufen und ich kann mich gerade nicht um einen zweiten Künstler kümmern. Unser ehemaliger dritter Künstler [Problemkind, Anm. d. Verf.] ist jetzt ehrenamtliches Mitglied der Polizei. Seine Arbeitsmoral hat einfach nicht gestimmt und daher musste ich mich von ihm trennen. Mit diesem Menschen möchte ich nichts mehr zu tun haben. Bei NMK mache ich alles alleine und habe jede Menge zu tun. Ich bin vorbestraft, habe nichts gelernt und bin froh, mein Geld auf legale Weise zu machen. Ich kann immerhin meine Miete bezahlen.

Dein Support für die “Aggro Berlin Crime”-Tour mit MC Basstard und Tony D wurde in letzter Minute abgesagt. Was ist da passiert?
Die DEAG hat es mir verboten. Ich möchte mich zu dieser Geschichte nicht weiter äußern, aber es ist wirklich nicht viel passiert. Eine kleine ­Flasche ist geflogen und eine Scheibe zu Bruch gegangen – und schon hieß es, Bogy wäre nicht vermittelbar. Aber es ist mir schon oft passiert, dass ich im Musikgeschäft aufgrund meines Backgrounds an Grenzen ­gestoßen bin.

Aber mit anderen Künstlern hast du keinen Streit mehr?
Momentan nicht. Ich habe mich sogar mit Bass Sultan Hengzt ge­einigt, wir haben neulich zusammen mit den Outlawz gefeiert. Vielleicht war es mein Fehler, dass ich damals gleich ein ganzes Album gegen ihn gemacht habe. Aber man lernt aus Fehlern.

Wie kommt es, dass du dich mit deinen alten Weggefährten Frauenarzt und MC Basstard musikalisch so stark auseinandergelebt hast?
Frauenarzt kannste eben mit Platten-Samples jagen und mich mit solchem Electro-Zeug. Wenn wir ein gemeinsames Konzert hätten, würden die Bogy-Fans bei Arzt rausgehen und umgekehrt genauso. Es ist aber immer noch eine Liebe. Diese Jungs sind meine Rap-Familie. Die Wege gehen auseinander, es ist aber wichtig, loyal zu bleiben. Ich fürchte mittlerweile, dass ein gemeinsames Album nicht mehr klappen wird, da es sehr schwer wäre, unsere drei Charaktere zu vereinen.

Wie läuft es für Bogy privat in 2009?
Ich war fünf Jahre meines Lebens sehr krank. Ich litt unter Psychosen und war manisch­depressiv, was oft zu Gewaltexzessen führte. Ich könnte dir mein Gutachten vorlesen, aber das dauert etwa drei Stunden. Ich bin noch mal gut aus der Sache raus gekommen, gerade wenn man bedenkt, dass 70 Prozent derjenigen, die ­solche Probleme haben, Suizid begehen. Heute geht mein Arzt davon aus, dass ich wieder gesund bin. Dafür danke ich Gott.

Text: René Schweitzer

 

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