Said, Ufo361, Takt32 – an lokalpatriotischen Rappern mangelt es Berlin auch im Jahr 2016 nicht. So möchte der vorschnelle Forummoderator seit dem mittleren Sommerhit »Meine Stadt« auch Enoq blindlings unter die Eingeborenen-MCs mit Hang zum Überrepräsentieren schieben. Generell sind Berlin-Rap-Klischees bei Enoq aber wahrlich deplatziert, obgleich er mit Underground-Ikonen wie Zwang schier elitäre Gastparts aufbringt. Das Jakarta-Records-Signing lässt sich weder zu Labelmates wie Umse in den Rucksack manövrieren, noch hat man es auf Enoqs EP »Wie ich do« mit pompösen Synthie-Straßenhymnen zu tun, geschweige denn mit Denglisch-Fremdscham, wie der Titel befürchten lässt. Klar, auf Enoqs Einstand muss man keinen Osterhasen bemühen, um die nötige Portion Eier zu finden: »Lass mich rein, lass mich zieh’n – ich will was Besonderes sein/Deutschrap, Kinderschuhe – ich bring etwas Größe rein«, heißt es auf »Egoist« (inklusive einer lässigen Falco-Hommage). Doch sein reduziert arroganter Tonfall ist eher einem geerdeten Straßenjungen-Swagger geschuldet als studiertem Kollegah-Fanboyism. Auch der jazzige bis flächige Zeitgeist-Hop der Produzenten Swoosh Hood, KevBeats und Enoq selbst lehnt sich in meditativer Lowrider-Ästhetik zurück. Keine Hektik, keine Kompromisse – im Loop liegt die Kraft. Auf Rap-Seiten entpuppt sich Enoq derweil als Delivery-Chamäleon, das spielerisch zwischen souligen Gesangseinlagen und angriffslustiger Spitter-Attitüde switchen kann. »Alles nur aus Liebe, bisschen für den Fame« – und dazu eine sorgfältige Schnittmenge von Synthie-Selection bis Sample-Organismus. Wer dann noch allen Ernstes mit Yassin (!) auf »Raus aus meinem Kopf« ein Liebeslied (!!) bildgewaltig und unpeinlich vorsingen (!!!) kann, hat sich tunlichst einen Platz in Herz und Mediathek verdient.
Text: Fionn Birr