Curse – Die Farbe von Wasser // Review

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(Indie Neue Welt/Groove Attack)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Es musste einiges an »Feuerwasser« die Kehle runterfließen, bevor Michael Kurth seine Seele »Von Innen Nach Außen« kehrte, so viel »Innere Sicherheit« gewann, um eine »Sinnflut« anzuzetteln und die »Freiheit« erlangte, um »Uns« mit »Die Farbe von Wasser« sein Angekommenalbum zu liefern. Auf seiner siebten Solo-LP ist Curse wirklich mehr Systemischer Coach (zu dem er sich ausbilden ließ) als Topspitter, mehr Familienvater als Ladykiller, mehr Achtsamkeits-Guru als Polit-Rapper. Kurz: Es ist das Curse-Album, das Michael eben erst nach über zwanzig Karrierejahren, mit fast vierzig, schreiben konnte, weil ihm bisher die Klarheit, das Gleichgewicht dazu fehlte. Waren seine Werke bisher von der Dualität/Unentschlossenheit des Yin und Yang geprägt, entscheidet er sich nun für eine Seite – die gute. »DFvW« ist eine Therapiesitzung, ja, ein Grown-Man-Entwurf im postfaktischen Zeitalter, in dem manische, suizidale Künstler das Sprachrohr (sic!) der Jugend sind. So wenig auf Reime und Patterns gab der Wahlberliner, der früher schon mal Technikgewichse über Musikalität stellte und stets etwas zu beweisen hatte, noch nie. Dass diese Anstrengung wegfällt, wirkt in jeder Line befreiend. Curse gelingt wahrhaftig meditativer Rap, der buddhistische Weisheiten predigt, ohne dabei in Esoteriker-Stammtisch-Plattitüden zu verfallen – auch wenn der Sänger .fab in manchen Hooks den Vibe eines Killerpilze-Songwriting-Camps einfängt. So führt Curse zum Beispiel knapp zehn Jahre später das Konzept von »Stell dir vor« als Reprise fort, flippt, ähnlich wie in der Schöpfungsanalogie »Wenn ich die Welt aus dir erschaffen könnte«, eine Liebesgeschichte zu einer Schallplatten-Break-Parabel und zettelt mit Samy Deluxe auf Don-Dada-Level und Savas mit früher Rapgenius-Rethorik auf »Manuskript« eine »Seance« 2.0 an. Bei aller Liebe für die teils zu glattpolierten Neo-Boombap-Instrumentals von den Mindener Hitnapperz, .fab und den Beatgees, stellt sich die Frage: Wo sind eigentlich Saschliq & Jules? Was zur Hölle macht Claud? Und wie klänge »Sinnflut 2«, für das Curse damals Beats von Jake one (!) und Cool & Dre (!!) pickte, die er noch immer besitzt (!!!)? Rap in D lernt mit »Die Farbe von Wasser« erwachsen zu werden und über seinen Coolness-Schatten zu springen. Oder, um mit einer Samy-Referenz abzuschließen: Es ist out, Curse zu haten, Zeit, dass du’s mitkriegst.

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