Am 16. Juli erscheint Ahzumjots neues Album »3:00«, das vom Timing her wie ein Produkt der Pandemie wirkt, aber eigentlich schon seit 2018 entstanden ist. Obwohl er auf neuem Material saß, sind die Auswirkungen von Corona selbstverständlich auch bei Ahzumjot spürbar geworden. Genau deswegen hat er sich in dieser Zeit einen neuen Kanal für (digitalen) Austausch gesucht und angefangen, bei Twitch zu streamen. Wir haben ihn gefragt, warum er das eigentlich gemacht hat und wie es so gelaufen ist.
Das ausführliche Interview zum neuen Album »3:00« könnt ihr hier lesen.
Warum hast du mit den Twitch Streams überhaupt angefangen?
Ich bin ein Live-Künstler. Ich spiele sehr viel und sehr gerne live, das ist mein Steckenpferd. Dadurch, dass das weggebrochen ist, fehlt mir dieser Kommunikationsweg zu meinen Fans und Hörer*innen. Ich bin nicht der Typ, der mies bei Social Media engaged oder krasse Follower*innen hat. Also habe ich überlegt wie ich das ein wenig kompensieren kann und bin auf Twitch gelandet.
Du machst gerade wieder wöchentliche Talks und Sessions. Ich nehme also mal an, dass der Plan aufgegangen ist und Austausch dort wirklich zustande gekommen ist?
Auf jeden Fall. Das ist eine eigene, kleine Bubble. Ich habe da meine regelmäßigen hundert bis zwei-, dreihundert Zuschauer*innen, neulich waren es auch sechshundert. Das sind natürlich nicht alle Fans, die ich habe. Zum Glück, sonst wäre ich am Arsch. Aber für mich ist es cool auf eine andere Art und Weise mit diesen Leuten zu connecten. Für den Rest bin ich immer noch »nur« Musiker und »nur« live zu sehen. Ich agiere auf Twitch ganz anders als sonst auf Social Media. Ich bin da nahbarer und persönlicher als sonst.
Weniger aufgehübschte Selbstdarstellung als das andere Kanäle erfordern?
Ja, es ist ein bisschen ungeschminkter. Dadurch dass es live ist, kannst du nichts wirklich kaschieren. Das ist das, was ich daran mag. Auf der Bühne bin ich natürlich nicht so nahbar, weil ich mich dort auf eine gewisse Weise inszeniere, aber trotzdem kann ich dort auch nichts kaschieren.
Du hast die Leute auch aktiv eingebunden und zu Beat- und Sample-Challenges aufgerufen. Wie ist das aus deiner Sicht eines professionellen Musikers gelaufen, was deine Fans da gemacht haben?
Extrem krass. Das ist deswegen entstanden, weil ich so überrascht war, wie gut die Leute sind. Nicht weil ich denke, dass die alle Trash sind. Aber wie oft kriegt man als Musiker etwas zugeschickt? Und dann hört man einmal von hundert rein und dann ist die Möglichkeit, dass es noch nicht so weit ist, dass man es vorzeigen müsste, groß. Aber trotzdem sollen die Leute natürlich schicken und zeigen, jede*r fängt irgendwo an.
Auf Twitch fing es damit an, dass ich den Leute gesagt habe, sie sollen mir Samples schicken, die sie gebaut haben. Ich habe dann überviele Mails gekriegt und 80 Prozent der Samples waren einfach krass gut. Ich war so: »Yo ok. Wo wart ihr denn die ganze Zeit?« – so nach dem Motto. Dann habe ich vorgeschlagen, ein Beat-Battle zu machen. Denn wer Samples baut, kann bestimmt auch produzieren. Und da haben sich so krass talentierte Leute gemeldet. In den 24 Stunden, die sie für die Bewerbung Zeit hatten, habe ich über hundert Mails bekommen. Ich habe mir live im Stream alle angehört und dachte »Es kann doch nicht sein, dass von diesen hundert mindestens fünfzig wirklich gut waren.« Davon gab es nochmal zehn, die endkrass waren. Deswegen war ich mehr als überrascht und es ist mehr als gut gelaufen. Definitiv etwas, was vielleicht noch Potential hat, selbst wenn die Pandemie schon ein wenig »besiegt« ist. Mal schauen, was es danach für Möglichkeiten gibt.
Klar. Aber natürlich hatten jetzt auch viele die Zeit für Livestreams, weil andere Verabredungen draußen gefehlt haben. Das wird sich wieder ändern.
Aber man kann das Ganze auch ins Real Life bringen. Zum Beispiel indem man Veranstaltungen auf diese Art und Weise macht.
Safe.
Auch um mit Leuten zu kollaborieren. Ich habe jetzt drei Songs gemacht, wo ich Samples von meiner Community verwendet habe. Das allein ist schon krass. Die haben zum großen Teil nie ein Placement gehabt und sind jetzt auf einem Song von mir. Nicht, dass ich irgendwie der krasseste wäre, aber sie steigen da als Fans ein. Wenn ich darüber nachdenke, wie es wäre wenn ich damals die Möglichkeit gehabt hätte, auf diese »einfache« Art und Weise ein Placement bei jemandem zu landen, den ich feiere, dann ist das schon crazy.