Clipse – Til the Casket Drops // Review

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Clipse_Til-The-Casket-Drops

 

(Re-Up/Columbia/Sony)

Wertung: Fünf Kronen

Wenn man ganz ehrlich ist, dann ist “Til The Casket Drops” eine kleine Enttäuschung. Aber halt auch nur, weil der Vorgänger “Hell Hath No Fury” – da lege ich mich jetzt fest – eines der drei besten Rap-Alben des vergangenen Jahrzehnts ist. Denn insgesamt kann man an den 13 Stücken des Nachfolgers nicht wirklich etwas aussetzen, jede leise Kritik verkommt angesichts der intelligenten Metaphern, der präzisen Flows und der authentischen Lyrics von ­Malice und Pusha T zu geschmäcklerischer Nörgelei. Und trotzdem: Pusha und Malice haben sich in den letzten Jahren offensichtlich ein wenig zu sehr mit ihrer ­Außenwahrnehmung auseinandergesetzt, und die oft bisschen einfältigen Ergebnisse dieser ­Selbstreflektion bestimmen nun zumindest kleine Passagen ihrer Texte, die sich in der Vergangenheit ausschließlich aus extrem bildhaften Schilderungen des Kriminellenalltags zusammensetzten. Zudem taucht hier mitten zwischen bitterbösen Tickerhymnen wie “Door Man” und “Footsteps” plötzlich eine leicht banale und ­irritierende Uptempo-Nummer wie “All Eyes On Me” mit Timbalands Goldkehlchen Keri Hilson auf. Grundsätzlich zu begrüßen ist hingegen die Entscheidung, sich kein weiteres Mal ausschließlich auf die Festplattenarchive der Neptunes zu verlassen, denn auch wenn Chad und Pharrell mit der Single “Popular ­Demand”, dem ultra-ignoranten “Showing Out” oder der ­Tickerhymne “Door Man” ein paar klassische Brecher geschustert haben, sind es gerade die Beiträge von DJ Khalil oder Sean C & LV, die dem MC-Brüderpaar aus Virginia Beach die passgenauen Unterlagen für lyrische Höchstleistungen liefern. Kurzum: Ein paar Songs wirken ein bisschen zu beliebig, ein richtiger Totalausfall ist jedoch ebenso wenig auf “Til The Casket Drops” zu finden wie verzweifelte Ausverkaufsmoves oder alberne Experimente. Vielmehr ist es ein starkes Album mit einer ganzen Reihe guter Stücke, dem nur der letzte Funken Kohärenz und Kompromisslosigkeit fehlt, um ihm dasselbe Klassikerpotenzial wie dem Vorgänger zu verleihen. Jene Hipster, die “Hell Hath No Fury” seinerzeit über den Klee gelobt haben, werden sich hier mit Sicherheit gelangweilt abwenden, der bisschen karge Rap-Winter hatte trotzdem kein handwerklich besseres Cocaine-Rap-Album zu bieten.

 

Text: Stephan Szillus

 

 

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