Azet – Fast Life // Review

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Wertung: Vier Kronen
(KMN / Groove Attack)

Straßenrapalben wirken antagonistisch gegenüber Tripadvisor-Tipps: Komm halt nach Frankfurt oder Berlin-Neukölln, aber dort warten Wettbüros und Junkies in der U-Bahn-Linie 8. Null von fünf Sternen, na und? Jede deutsche Metropole hat ihre rappenden Stadtschreiber aus der Gosse, nur Dresden hatte sie bislang nicht. Die bekann­testen Rapper dort sprachen über Pfandflaschen und Fußball. Die KMN Gang hat das geändert. Ciao La Ola im Stadion, denn dürre Gestalten kaufen Crystal Meth in Plattenbauten, die vermodern, und vorm Möbelhaus wird geschossen. So was erfährt man in Azets Straßenballaden. Sein Debüt »Fast Life« verlagert den Schauplatz vom Hermannplatz auf die Prager Straße, und clean bleibt nur der Sound. Das Album offenbart zwei Erzählstränge, die Azet zu Geschichten formt: Es schwankt zwischen der depressiven Sicht auf das eigene Kaputtgehen am Dealerdasein und einer ostdeutschen »Narcos«-Neuerzählung. In den stärksten Momenten quillt die Wut aus den Tracks hervor, wird Azets Stimme zu einem wütenden Bellen, werden die dunklen Seiten der Schattenwirtschaft zu einem teerschwarzen Brei komprimiert. »Du zählst Geld hinter Scheiben getönt/Könntest dich an diese Zeiten gewöhnen/Bis die Reise endet in Haft – im Milieu«. Auf Koksberge, die über die Grenze geschmuggelt werden, folgen Aktenberge, die sich bei der Staatsanwaltschaft türmen. Dann der Schwenk in die Gefängniszelle, in der Azet leben musste. »Fast Life« funktioniert am besten, wenn die Party vorbei ist; wenn Azet den Größenwahn der Straßenjahre reflektiert und über seine Flucht aus dem Kosovo rappt. Autotune lässt seine von Moll-Akkorden unterfütterte Stimme unwirklich klingen und unglücklich dazu. Dann kommen der Dancehall, der Afro-Pop-Einfluss. Songs für Strandbars mit Neonlicht sind die andere Seite von »Fast Life«. Sie stören nicht, jeder braucht mal etwas Strand. Aber der Nah-am-Wahnsinn-Azet ist zumindest auf Tracks der bessere Azet. Auf »Fast Life« behält er die Oberhand.

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