Afrob – Mutterschiff // Review

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afrob

(One Shotta Records / Soulfood)

Wertung: Vier Kronen

Afrobs »Mutterschiff« ist ein brauchbarer Entwurf des Grown-Man-HipHop, eine Versöhnung mit sich selbst. Ohne dabei corny zu klingen, beschreibt der gebürtige Venezianer seine Wiedergeburt mit 39: Vieles ergibt jetzt Sinn, alles weiß man trotzdem nicht. Aber muss man das überhaupt? Nein, erkennt Afrob, und probiert sich weiter aus: in verstrahltem Sizzurp-Sound (»Kein Weg zurück«), in positivistischen Tropical-Vibes mit Gentleman (»Einfach machen«) oder in energetischem Dancehall mit Langzeitgefährte Samy (»Herz und Seele«). Doch trotz positiver Persönlichkeitsentwicklung bleiben auch Zweifel: Xavier und Afrob rollen in »Weit weg« das fragwürdige Thema »Weltherrschaft« auf. Einmal mehr untermauert Xavier dabei seinen Standpunkt, dass Regierungen der Menschheit nichts Gutes verheißen würden. »In unsere Welt ohne Geheimnisse brauchen die Neger sich nicht einmischen«, formuliert er provokant aus Sicht der Staatsmänner und -frauen. Am erneuten Eklat schrammt der Mannheimer dabei nur gerade so vorbei. Auch Afrob zeigt sich bedrückt vom aktuellen Weltgeschehen und fühlt sich wie falsch abgesetzt – er will zurück aufs »Mutterschiff«. Immerhin: In »Mein Song« erkennt Afrob ebenso Potenzial in anderen Menschen und fordert auch dich auf, Großes zu versuchen. Schließlich besteht immer ein Risiko, egal welche Entscheidung man trifft. Also keine Angst, Robbe hat es auch geschafft – obwohl rückblickend eigentlich nichts als ein abgetakeltes Klischee aus ihm hätte werden sollen, mit dunkler Hautfarbe und Hauptschulempfehlung. Warum es anders kam? Da sind sie wieder, diese Fragen, die unbeantwortet bleiben. »Ich werde älter, doch nicht klüger«, begreift Afrob und lässt los. Bomben droppt das »Mutterschiff« auf seinem Flug eher selten, und etwas ruppiger hätte es bei seiner Landung ruhig aufsetzen dürfen, um seine Insassen aufzurütteln. Aber es handelt sich hier eben um eine besonnene Reise zur Erkenntnis, nicht um einen turbulenten Trip zum Todesstern.

 

Text: Jan Burger

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