(Styleheads/Groove Attack)
»#Geilon« ist das letzte Statement, das die Welt nach all dem Gerede und Geschreibe zum Berlin-Hipster-Komplex gebraucht hat. Endlich, möchte man sagen, vereinnahmt jemand alle Insignien des Hauptstadt-Cool und führt sie im Dada-Style via Überzeichnung ad absurdum. Mit gnadenlos überzeichneter Fassade und dem Schalk im Nacken entlarvt er die Macken seiner Welt, in dem er sie zu Tode banalisiert. MC Fitti ist eben kein Künstler, der sich um eitle Eigenschaften wie Authentizität oder Stil einen Kopf macht. Er krallt sich einfach WhatsApp, Flamingos, dies, das, Ananas und bastelt aus diesen Zutaten extrem simple Texte im Aufzählungsstil, die selbst dem Based God zur Ehre gereichen würden. Ist das nun große Kunst? No way, Jose! Aber auch egal, nachdem man zehn Minuten lang das absurde Albumcover mit dem ikonenhaften Konterfei angeglotzt und dazu »Roflcopter« in Dauerschleife gehört hat. Natürlich kann man die einfallslosen Kehrverse (Beispiele: »Rofl-Rofl-Copter, Rofl-Rofl-Copter«, »Penn in der Bahn, P-Penn in der Bahn«) nervig finden, den Mangel an lyrischem Gehalt beklagen oder sich gar darüber aufregen, dass Fitti ernsthaft mit dem trashigen Nukleus der Berliner Szenekultur (Name: Bonnie Strange) eine schamlose Roadtrip-Hymne (»Grüne Welle«) aufgenommen hat. Das Problem dabei: Man macht sich lächerlich. Kritisieren kann und sollte man bei MC Fitti völlig zurecht die streckenweise absurde Vollvermarktung seiner selbst. Wenn im Angesicht der Produktplatzierungen die Musik zur Nebensache wird, dann ist das definitiv des Guten zu viel. Zum Glück ist der Fitti einfach ein Sympathieträger par excellence – sonst würde man ihm die Kapitulation vor dem Geld wohl nicht so wohlwollend durchgehen lassen. Wer aber versucht, MC Fitti mit den Maßstäben »ernsthafter« Kunstkritik zu bewerten, der wird wohl nie verstehen, welch kindlicher Zauber schlau gemachtem Trash innewohnen kann. Und soll ich euch verraten, was am Ende das Schönste an »#Geilon« ist? Hier amüsiert sich die Mittelschicht ausnahmsweise mal nicht à la Trash-TV auf Kosten gescheiterter Existenzen und unterstützt damit auch noch eine perfide Industrie. Stattdessen kichert sie gemeinsam mit einem begnadeten Rap-Dilettanten, der gerade möglicherweise und irgendwie auch verdientermaßen die Zeit seines Lebens hat.
Sascha Ehlert