Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest, hier die elementaren Grundlagen, die man über Die P wissen sollte: Die P kommt aus Bonn und spuckt Feuer. Wenn Die P kommt, machst du Platz. (Fakt) »Die« wird deutsch ausgesprochen, »P« englisch. (ziemlich einfach eigentlich) Wenn du Die P bisher nicht auf dem Schirm hattest, hast du zu wenig Liebe für den Untergrund gezeigt. Ihr Debütalbum trägt den Namen »3,14« (Anfang der Zahl π) und erscheint beim Label 365XX, wo nur Frauen* gesignt werden. Plakativen Feminismus wird man in den Texten von Die P nicht finden, denn Frauen im HipHop sind für sie eine Selbstverständlichkeit. Noch Fragen? Beantwortet Die P im Interview.
Wann bist du denn das erste Mal mit HipHop in Berührung gekommen?
Ich glaube ich habe schon HipHop gehört, bevor ich wusste, dass es HipHop ist. Ich bin die vorletzte von sechs Kindern, dementsprechend haben meine großen Schwestern und Brüder schon Wu-Tang und solchen Stuff gehört, bevor ich mich damit befasst habe. Mit HipHop selber bin ich tatsächlich sehr früh in Berührung gekommen, zum Beispiel durch MTV, Fernsehen und so. Ich weiß gar nicht, ob es einen Jahrgang gab, wo ich nichts mit HipHop zu tun hatte. Ich glaube, das war von Anfang an so. (lacht)
Welches Sachen hast du auf MTV gesehen?
TLC hab ich richtig hardcore gefeiert. Lisa »Left Eye« war für mich der erste Eyecatcher, weil sie in diesem R’n’B-Trio eben so gut gerappt hat. Dann habe ich natürlich viele Videos vom Wu-Tang-Clan geguckt, zum Beispiel das »Gravel Pit«-Video. Ich weiß noch wie legendär das kam, als sie so auf Fred Feuerstein gemacht haben. Solche Sachen eben… Biggie, 2Pac, Mary J. Blige, alles sehr weit gefächert. Es gab eine Sendung auf MTV, die hieß »Amour« und lief Freitags um 23 Uhr. Da liefen nur die krassesten R’n’B-Songs, das hat meine Schwester immer geguckt und ich habe mitgeschaut. Oder halt die US Top 50s, ich bin immer auf dem Laufenden geblieben.
Ich hab auch schon gehört, dass du vom Film »8 Mile« inspiriert worden bist. Hast du den damals im Kino angeschaut?
Ja, das war richtig krass. Ich wollte eigentlich zur Premiere gehen, aber irgendwie hat mir dazu ein bisschen Kleingeld gefehlt. An einem Abend, ich glaube ein Freitagabend, hat mich dann eine Kollegin angerufen und meinte: »Jo wollen wir heute die letzte Vorstellung im Kino gucken? Die läuft um 21 Uhr.« Ich habe meinen Vater dann noch gefragt, ob ich ein bisschen länger machen kann, wegen der Kinovorstellung und er meinte, dass ich gehen kann. Dann habe ich den Film geguckt und der hat mich gehyped, einfach übertrieben. Ich find das sehr lustig, denn ich habe natürlich viel Eminem gehört, aber von meinem Rapstil her war Eminem gar nicht der Typ, nach dem ich krass geguckt habe. Aber dieser Film, den er gemacht hat, der hat mir einfach gezeigt, dass ich genau das möchte.
Stelle ich mir richtig gut vor. Manche Filme funktionieren noch besser, wenn man sie in der letzten Vorstellung des Tages sieht und dann schon so eine nächtliche Atmosphäre ist, wenn man wieder rausgeht. Das kommt ganz anders als so eine Vorstellung um 15 Uhr.
100 Pro. Ich kam da raus aus diesem Kino, kurz nach 11. Ich dachte mir nur »Du musst jetzt nach Hause und einen Rap schreiben.« Und dann bin ich auch nach Hause gelaufen und habe an dem Abend meinen ersten 16er geschrieben.
Hast du das danach regelmäßiger gemacht?
Diesen ersten 16er von dem Abend habe ich am nächsten Schultag direkt meinen Jungs vorgerappt. Den habe ich allerdings noch auf Englisch geschrieben und da hat vielleicht jeder zweite etwas verstanden. Da habe ich mir gedacht, dass ich eben auf Deutsch schreiben muss. Und quasi wie im Film habe ich mir in den Pausen in der Schulzeit Leute gesucht, die Bock hatten, mit mir zu battlen. (Lacht) Voll den Film gefahren.
Hatten die Leute Bock auf Battle?
Der Film ging schon ganz gut ab zu der Zeit. Ich glaube fast jeder hat den Film gesehen und dementsprechend dachten sich die Leute »Jo, lass mal machen.« Ich würde sagen, dass kaum einer der Jungs, gegen die ich gebattlet habe, überhaupt Intentionen wie ich hatte. Aber die hatten alle Bock einfach zu machen. Cypher, Battle, sich auf Freundschaftsbasis ein bisschen duellieren und beleidigen, da hatten wir alle Spaß dran. Ich war ja noch in meiner Anfangszeit, daher gab es, wenn ich die Leute nach einem Battle gefragt habe, auch nicht die Reaktion »Nein, du bist zu krass.« Es war eher so »Komm, lass machen.«
Haben dich die Leute eher unterschätzt?
Schwierig. Gute Frage. Nein, ich glaube unterschätzt haben sie mich nicht. Es war eher ein »Ach, die kann das bestimmt« und das wurde dann zum »Uhh, du hast es voll drauf«. So war die Resonanz.
»Es ging nicht darum für die Öffentlichkeit oder Social Media und jeden Menschen auf der Welt Mukke zu machen. Es ging erstmal nur um das Mukke-Machen.«
Die P über ihre Anfänge als Rapperin
Warum war der erste Text auf Englisch? Wegen dem direkten Einfluss von 8 Mile oder weil sich Deutsch als Sprache zum Rappen damals nicht so gut angefühlt hat?
Ich habe Rap generell immer mit der englischen Sprache in Verbindung gesetzt. Weil ich ja auch amerikanischen Rap gehört habe. Mich hat auch immer interessiert, was die da reden, deswegen habe ich mich mit der englischen Sprache beschäftigt, um sie zu lernen und zu kennen. Als ich meinen ersten Rap geschrieben habe, habe ich gemerkt, dass die Leute das einfach nicht checken. Englisch ist schon der Bezug zum Ursprung von Rap, aber wenn ich möchte, dass die Leute wirklich peilen, wovon ich rappe, und ich eine Message mit der Wortgewandtheit, die ich habe, vermitteln möchte, dann muss ich auf Deutsch rappen.
Was ging nach der Schulzeit? Gab es direkt den Wunsch, eigene Musik herauszubringen oder hat es bis dahin noch gedauert?
Den Wunsch gab es gar nicht. In der Schule habe ich angefangen mich zu battlen und das hat meine Cousine mitbekommen. Die war schon damals in Köln im HipHop- und Deutschrap-Underground unterwegs. Sie hat mich gesehen und meinte, dass in Köln bald ein Battle stattfindet und sie mich dort anmeldet. Das hat sie gemacht und ich hatte meinen ersten Bühnenmoment bei diesem Battle. Ich habe mich tatsächlich gegen 2-3 Leute gut behaupten können, aber es ging mit weniger darum Mukke zu machen, um groß rauszukommen oder ähnliches. Ich habe eher das Studiofeeling genossen, mit Musikern zusammenzukommen und zu connecten. Hier und da ist eine Veranstaltung, dort tritt einer auf, wir können da ’nen Slot spielen – solche Sachen habe ich genutzt. Es ging nicht darum für die Öffentlichkeit oder Social Media und jeden Menschen auf der Welt Mukke zu machen. Es ging erstmal nur um das Mukke-Machen.
Das ging dann wahrscheinlich auch erstmal eine Weile so weiter, oder?
Genau. Jahrelang rumziehen, Leute connecten, hier ein paar Songs aufnehmen, da ein paar Songs aufnehmen. Aber alles so auf »Lass machen«-Modus, nicht auf »Wir bringen das raus und werden die Größten«.
Hast du dir damals schon den Namen Die P gegeben?
Der Name auf dem besagten Battle war MC Double P, weil mein Vor- und Zuname beide mit P anfangen. Aber die Leute haben mich immer schon gerne einfach »P« genannt und dann hat es sich so ergeben. Wenn man sich vorgestellt hat hieß es eben »Das ist soundso und das ist die P.« Und wenn die alle immer schon sagen »Das ist die P«, dann bin ich eben Die eine P.
Wann hat es sich geändert, dass du nicht nur auf Gigs und Battles sein, sondern auch mal ein Release veröffentlichen wolltest?
Irgendwann kommt halt der Punkt, an dem man auf ganz vielen Bühnen gespielt hat und die Leute einen fragen, wo man die Musik hören kann und wo man mich findet. 2015 habe ich meinen ersten Song »Mach Platz« mit Video rausgehauen, das ist jetzt immerhin schon sechs Jahre her. Irgendwann wollte ich etwas raushauen, damit die Leute etwas von mir finden. Es ging wirklich nie darum groß rauszukommen. Es ging immer darum, Mukke zu machen. Als die Leute angefangen haben, mehr von meiner Musik zu hören und sie bei Auftritten meinten, dass sie diese krasse Rapperin gesehen haben, die sie aber nirgendwo finden können, war der Moment, wo ich ein bisschen in Social Media reingehen wollte. Dann habe ich mir eine Facebook-Seite gemacht und bis heute hat sich das Social Media-Getue ja noch ganz schön weiterentwickelt. (lacht)
Ist dann deine erste EP auch mit diesen Leuten aus deinem Umfeld entstanden?
Ja, das ist es ja. Wenn man sich erstmal ein Netzwerk aufbaut, hofft man natürlich darauf, dass man sich auf die Leute verlassen kann, wenn man etwas braucht. Ich hatte viel Glück und durch meine Cousine viele Connections, auch zu Leuten, die in Köln Studios haben. Vor allem habe ich zu der Zeit meinen Manager kennengelernt, der das bis heute ist. Dadurch gab es auch nochmal Beziehungen, das Studio war bei einem Kollegen, die Beats gab es über einen Kollegen. Am Anfang hat man natürlich erstmal alles aus seinem Camp genommen, auch um Kosten und Nerven zu sparen.
Deine erste EP trägt den Titel »Bonnität« und auch auf deinem neuen Album ist Bonn als Stadt und deine Hood in der Stadt sehr präsent. Was ist dir an deiner Heimatstadt und Hood so wichtig?
Voll viel. Ganz ehrlich, egal wo ich hingehe, wenn ich wieder hierher zurückkomme, fühle ich mich zu Hause. Das liegt bestimmt auch daran, dass ich hier so viele Jahre verbracht habe. Hier kenne ich jeden Dönerladen, jede Metzgerkassiererin (lacht). Ich fühle mich hier sehr wohl, habe mein Netzwerk hier gesponnen und die Stadt ist relativ überschaubar. Selbst wenn es die alte Bundeshauptstadt ist, ist alles erreichbar, man kennt sich. Ich fühle mich auch von den Menschen hier sehr wohl, es ist multikulturell, sehr international, es ist die Beethoven-Stadt. Zum Aufwachsen ist das eine sehr schöne Kulisse gewesen. Es gibt auch ein paar dreckige Seiten, aber auch diese Seiten haben mich geformt und geprägt. Dementsprechend bin ich ganz froh darüber. Man hat hier Leute aus verschiedenen Ländern und Kulturen, weil es damals wie gesagt die Hauptstadt war und es viele Diplomaten und Botschafter gab, die sich hier eingelebt haben. Die Botschafter sind vielleicht gegangen, aber die Kinder sind geblieben. Es ist eine wunderschöne Stadt, ich kann nur jedem empfehlen hierher zu kommen.
Ich war selbst noch nicht da, aber verfolge natürlich auch anderen Rap, der von dort kommt. Neben deiner Musik finde ich im Moment Sugar MMFK und sein Album »Tribut« sicherlich am spannendsten, du erwähnst die Bantu Nation, sein Label, auch auf einem Song.
Ja, momentan ist es echt krass. Sugar hat wirklich ein unfassbar gutes Album rausgehauen, muss ich sagen. Ich habe mir das Album schon mehrmals angehört und pumpe es auf Dauerschleife, seitdem es draußen ist. Ich bin sehr stolz auf den Bruder, ich bin auch stolz darauf, was aus der Stadt gerade entspringt, alleine Künstler-mäßig. Wenn du Sugar und mich in einem Satz nennst und sagst, dass du beides spannend und gut findest, fühle ich mich davon sehr geehrt.
»Es muss mir nicht gefallen, welche Kunst du machst. Aber wenn man davon ausgeht, woher der Ursprung von HipHop kommt, dann finde ich, dass viele Leute falsche Vorbilder haben und den falschen Weg gehen. Das als HipHop zu verkaufen, ist meiner Meinung nach falsch.«
Die P über die aktuelle Deutschrap-Szene
Trotzdem hört man in deiner Musik auch raus, dass du gewisse Teile der Deutschrap-Szene nicht gerade feierst. Was sind das für Sachen, die dich stören?
Das will immer jeder wissen. (lacht) Ich bin super kritisch in meinen Liedern, ich sollte vielleicht mal weniger kritisch sein. (lacht)
Auf dem Song »Alle reden« kommt das am deutlichsten rüber, finde ich. Und natürlich gibt es dort auch die Stichworte zu hören, die eben von diesen kritischen Leuten kommen: Playlist-Rap, Immer die gleichen Formeln, Geld vor Kultur.
Tatsächlich ist es für mich immer wichtig gewesen, dass ich mich nicht über einzelne Künstler beschwere. Denn mir muss nicht die Musik von jedem Artist oder Künstler gefallen, deswegen heißt es ja auch Kunst. Es muss mir nicht gefallen, welche Kunst du machst. Aber wenn man davon ausgeht, woher der Ursprung von HipHop kommt, dann finde ich, dass viele Leute falsche Vorbilder haben und den falschen Weg gehen. Das als HipHop zu verkaufen, ist meiner Meinung nach falsch. Ich finde es schon gut, dass es heutzutage mehrere Sounds gibt. Ich will auch nicht sagen »Trap ist scheiße« oder »Drill ist scheiße«, weil das gar nicht so ist. Ich höre selber Trap und Drill, was auch immer. Ich höre auch Lieder von Miami Yacine, wenn’s mal reinkommt. Da gibt’s auch Lieder, zu denen ich mal nicke, keine Frage. Aber mir ist aufgefallen, dass sich voll viele Leute das Beste rausnehmen, einen kompletten Blödsinn damit machen und so viel Geld verdienen. Die Leute, die sich das angucken, halten das dann auch für Rap und HipHop, aber es ist halt kein Rap. Da ist vielleicht ein Einfluss von HipHop, aber das ist kein Rap. »Alle Reden« ist auch zu einer Zeit entstanden, als ich mich noch ein bisschen boykottiert gefühlt habe. Da ging Instagram gerade los und ich habe mir gedacht »Was soll der Scheiß? Diese ganzen scheiß Rapper erwähnen sich in ihren Stories und labern alle nur Scheiße, aber am Ende bringt es keiner von denen.« Das habe ich probiert, in diesen Song zu übertragen. Alle Reden und sie reden nur von Scheiße. (lacht wieder)
Klar, ich sehe deinen Punkt total. Trotzdem gibt es hier natürlich einige kreative Leute, die dopen Scheiß machen.
Definitiv. Es gibt bestimmt auch den ein oder anderen deutschen Rapper, der Trap und Drill richtig verstanden hat und richtig umsetzt. Das ist keine Hate an irgendeine Richtung. Aber wenn ihr es macht, dann macht es richtig, beschäftigt euch auch damit und bringt ein bisschen Knowledge mit. Das ist die Sache.
»Für mich macht es keinen Unterschied, ob das Label jetzt nur Männer oder nur Frauen signen würde, das war für mich irrelevant. Das ist HipHop HipHop und da gehören Frauen genauso dazu wie Männer.«
Die P über ihr Signing bei 365XX
Wenn du dich zu dieser Zeit noch ein bisschen boykottiert gefühlt hast, nehme ich mal an, dass das heute anders aussieht. Du bist in Interviews gefragt und mittlerweile bei einem Label gesignt. Deine EP »Tape« war das erste Release auf dem neuen Label 365XX und dein Album »3,14« wird auch das erste Album auf dem Label sein. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen, bei der deine Musik ja auch ein Aushängeschild für das Label ist?
Die Lina (Lina Burghausen, Anm. d. Red.) hat ja generell ihren Blog »365 Female* MCs«, wo sie jeden Tag eine Female* Rapperin vorgestellt hat, und ich war Teil dieses Blogs. Warum sie dann auch geschäftlich auf mich zugekommen ist? Wahrscheinlich war ihr klar, dass wenn sie ein Label aufmacht und nur Frauen signt, sie an Die P nicht vorbeikommt. (lacht) Sie hat sich zur richtigen Zeit bei mir gemeldet, ich war sowieso dabei an meinem Album zu arbeiten, beziehungsweise die Vorbereitungen dafür zu treffen. Ich hatte damals schon so viel in Petto, dass ich wusste, es kommt davor noch ein Tape. Sie hat sich zur richtigen Zeit, mit den richtigen Argumenten und einem guten Angebot bei mir gemeldet. Wir haben auch zusammengefunden, weil ich eine Person bin, die sehr auf ihre künstlerische Freiheit achtet. Das bietet sie mir bei ihrem Label. Und ich muss auch sagen, dass es für mich existenziell wichtig war, dass ich das erste Signing auf dem Label war, beziehungsweise bin. Ich bin generell schon immer Label-scheu gewesen. Dadurch, dass Lina davor noch niemanden gesignt hatte und ich das erste Aushängeschild war, war das für mich sehr lukrativ. Ich fühle mich sehr wohl mit dem Team, mit dem ich arbeite. Für mich macht es keinen Unterschied, ob das Label jetzt nur Männer oder nur Frauen signen würde, das war für mich irrelevant. Das ist HipHop und da gehören Frauen genauso dazu wie Männer.
Word! Man hört deinen Texten an, dass es dir wichtig ist, dass dir niemand reinredet und dir sagt, wie du deine Kunst zu machen hast.
Voll. Ich lasse mir generell ungern etwas sagen. (lacht) Wahrscheinlich zieht sich das im Rap einfach so durch. Ich bin generell so und als ich gemerkt habe, dass ich vieles nicht kann, aber rappen schon, dann redet mir da keiner rein. Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht noch bereit bin zu lernen, was Flows und Fertigkeiten angeht. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich sofort einen Curse oder Savas-Kurs für ’ne Woche nehmen.
Klar, wenn man etwas gut macht, sollte man dazu stehen. Im Endeffekt hat es sich jetzt auch für dich ausgezahlt, oder? Du thematisiert oft, dass man es schaffen kann, wenn man an einer Sache dranbleibt. Jetzt kommt dein Debütalbum auf einem spannenden, neuen Label, dein Release bekommt Aufmerksamkeit. Der Status Quo ist also gut, oder?
Ja. Ich habe natürlich gemerkt, dass seit der Arbeit mit Lina und dem Label viel mehr im Background passiert. Ob das jetzt mehr Leute sind, die sich meine Musik anhören, oder das wachsende Interesse um mich herum. Ich spüre das, merke das und genieße das auch. Das bringt natürlich auch ein paar Sachen mit Beigeschmack mit sich. Ich glaube das liegt daran, dass Lina mit ihrem Label einfach krass Welle gemacht hat, so nach dem Motto: Wir Frauen ficken jetzt alles. Ich bin insgesamt mega froh und kann mir eigentlich nur vorstellen, dass es für mich und Lina so gut weitergeht. Meine Mukke ist Klasse, ihre Arbeit im Background ist klasse – es läuft gut.
»Mir ging es darum, nicht einfach einen verherrlichenden Song über das tolle Ganja zu schreiben, sondern die Perspektive des Ganjamanns oder der Ganjafrau zu sehen, die jeden Tag hustlen.«
Die P über ihren Song »Ganjaman«
Das letzte Thema, über das ich noch reden will, ist der Konsum von Weed.
Jeder will mit mir über Gras sprechen. Hör ma!
Ja klar. Viele Leute thematisieren das in ihrer Musik, aber bei dir macht es nochmal auf einer anderen Ebene Spaß, sich den Rap darüber anzuhören. Ist das Kiffen auch Teil deiner Kreativität oder eher das Mittel zum Abschalten?
Ich habe gekifft, bevor ich Musik gemacht habe. Dementsprechend gehört beides einfach zu mir. Ich habe auch eine Zeit lang aufgehört, um mich selbst zu testen, und war weiterhin kreativ. Ich wollte schon wissen, ob ich es drauf habe, wenn ich nicht kiffe. Tatsächlich ist Ganja-Rauchen für mich eine Art Ausgleich und Meditation. Ich sage immer wieder, dass man bitte den Missbrauch vom Konsum unterscheiden soll. Auch der Konsum kann zu Schwierigkeiten führen kann.
Auf »Ganjaman« thematisierst du diese Gefahren ganz deutlich, wenn du von gestrecktem Gras und zerfetzten Lungen rappst. Das sind ja auch Wahrheiten, die mit dem Konsum zusammenhängen.
Pure Wahrheiten. Mir ging es darum, nicht einfach einen verherrlichenden Song über das tolle Ganja zu schreiben, sondern die Perspektive des Ganjamanns oder der Ganjafrau zu sehen, die jeden Tag hustlen. Da gibt’s den einen, der die Pflanze liebt und sich darum sorgt, wie er damit umgeht und wem er etwas davon gibt. Und dann gibt es Leute, die darauf scheißen. Ich würde die Leute niemals zum Rauchen anstiften, aber ich sage ganz klar »Das gehört zu mir.« Ich möchte niemanden dazu anstiften, etwas zu probieren oder zu missbrauchen. Dennoch sage ich, dass ich ohne Ganja bestimmt viel aggressiver sein würde und dem ein oder anderen einen ganz anderen Spruch an den Kopf knallen würde. Es gehört zu meiner Existenz, es ist Meditation, Musik, Inspiration, Lifestyle – da gehört so viel dazu. Das ist nicht nur einfach Gras rauchen.
Klar. Ich glaube, jeder muss eben selbst ausprobieren, wie sein Verhältnis dazu ist und ob es einem gut tut. Im Zweifel ist es auf jeden Fall besser als chemisches Zeug.
Voll. Lieber rede ich ein ganzes Album über Gras, anstatt irgendetwas anderes zu verherrlichen. Niemals würde ich Zigaretten, Alkohol oder andere Drogen in meinen Songs verherrlichen.
Trotzdem bleibt die Droge kriminalisiert. Bist du für eine Legalisierung?
Ich fände es viel besser, wenn es legal wäre. Dann würde für viele Leute dieser Gang-Shit und das Kriminell-Sein aufhören. Ich habe im Freundes- und Bekanntenkreis genug Menschen, die mittlerweile anerkannte Patienten sind. Deutschland hat da schon einen gewissen Sprung gemacht, aber es fehlt noch was. Es kann nicht sein, dass wir uns noch auf so einem Niveau bewegen, wenn wir über Gras reden. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung weiß, dass viele Jugendliche kiffen oder zumindest in Kontakt mit Gras gekommen sind, während chemisches Gras unterwegs ist. Es kann nicht sein, dass man sich die Jugend einfach so verpesten lässt, während so viele Kontakt dazu haben. Man kann sich an anderen Ländern orientieren, wo es entkriminalisiert ist und mehr Aufklärung dahintersteckt. In Holland kiffen gar nicht so viel Jugendliche, das juckt die gar nicht. Das ist ganz normal, wie Bier kaufen – der eine trinkt Bier, der andere eben nicht.
Ich glaube eine Entkriminalisierung dauert hier noch. Richtig viel Hoffnung habe ich nicht, solange die CDU weiterhin regiert.
Ich frage mich jedes Mal: Wenn da ein Clown weg ist, wie direkt der nächste Clown dahinter steht? Dass da keiner dabei ist, der in seiner Jugend mal vernünftiges Gras geraucht hat. (lacht)
Das Album »3,14« erscheint am 19.03 über 365XX.
Interview: David Regner
Beitragsbild: Tristan Barkowski