Spotlight: Nali – Zwischen Oldschool und New Wave // Feature

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Bei »Spotlight« stellen wir euch Künstler*innen, Labels und Projekte jeglicher Art vor, die gerade am Anfang stehen oder noch unter dem Radar des Mainstreams stattfinden. Nali ist Rapper aus Berlin und geht mit dem Release von mehreren EP’s gerade erste professionelle Schritte. Wir haben uns mit dem Newcomer über seine musikalische Sozialisation und die Liebe für Oldschool und New Wave unterhalten.

Als wir mit Nali zum Zoom-Meeting verabredet sind, ist er gerade in Nigeria und erzählt uns von dort aus mehr über seine Musik. Geboren und aufgewachsen ist er in Berlin, seine Mutter ist nigerianische Filmemacherin, sein Vater als Schauspieler in Film und Theater tätig. Der Haushalt ist also kreativ veranlagt und prägt Nalis erste Sozialisation mit Musik. »Das war sehr lange das, was meine Eltern gehört haben. Ich habe ihren Geschmack sehr früh respektiert und erst als ich 13 oder 14 war, angefangen mir eigene Sachen zu suchen. Meine Eltern haben 90s HipHop, aber auch ältere Sachen aus R’n’B, Soul und Rock gehört. Alles Mögliche eben.« Nicht nur das Musikhören wird von Nalis Eltern geprägt, auch der erste Schritt zum Musikmachen entsteht zu Hause bei seinem Vater. »Es gab so eine Phase, wo Drumcomputer im Trend waren. Mein Vater hat sich auch einen geholt und dazu noch einen Mixer und ein Mikrophon. Er wollte sich ausprobieren und hat sich zu Hause ein kleines Studio aufgebaut und dort mit uns Kindern rumgespielt. Das war mein erster Kontakt mit dem Musik-Machen und Aufnehmen.« Nali braucht nicht lange, um sich auszuprobieren und die ersten Raps aufzunehmen. Im Gegensatz zu seinen heutigen Releases damals allerdings noch auf Englisch. »Das ist meine Muttersprache, deswegen habe ich eigentlich nur englische Musik gehört. Es gab schon ein paar Ausnahmen, so wie Seeed, aber der Großteil war Englisch und deshalb habe ich auch auf Englisch gerappt. Am Anfang versucht man natürlich das, was man mag, ein bisschen nachzuahmen.« Inspiration kommt in dieser Zeit von Künstlern wie 50 Cent, The Roots, Eminem, später auch Kendrick Lamar, A Tribe Called Quest oder Immortal Technique.

»Wir haben uns dadurch verbunden gefühlt, dass wir HipHop machen wollten. Das war eine gemeinsame Mission.«

Nali über seine Schulzeit

Nachdem zu Hause die erste Faszination für HipHop entsteht, folgen die nächsten Steps in der Schule, wo die ersten eigenen Projekte entstehen. Dort ist er vor allem mit seinem Homie KazOnDaBeat tätig, mit dem er in eine Klasse geht. »In der 7. Oder 8. Klasse kam er auf meine Schule und wir haben uns dadurch verbunden gefühlt, dass wir HipHop machen wollten. Das war eine gemeinsame Mission. Dann hat man versucht Studios zu finden und Songs zu basteln, damit hat es angefangen. Wir wollten es independent machen.« Kaz produziert mittlerweile für Rapper wie Yin Kalle und die Jungs von BHZ, zuletzt hat er die »Troubadour«-EP mit Babyjoy veröffentlicht. Die langjährige Freundschaft zwischen Nali und Kaz zeigt sich nicht nur an ihrem geteilten Verständnis von HipHop und der eigenen Kreativität, sondern auch an der Art, wie sie beide reden. Phrasenweise gleitet Nali in seine Muttersprache ab und formuliert die Sätze auf Englisch, die in der deutschen Übersetzung nicht denselben Vibe haben. Kaz macht im Backspin-Interview mit Miriam Davoudvandi das gleiche.

Von den ersten gemeinsamen Sachen landet einiges, aber nicht alles auf Soundcloud. »Wir wollten von Anfang an ein bestimmtes Niveau ansteuern und konnten das am Anfang noch nicht erreichen. Unser Anspruch war sehr hoch und wir konnten das erst nicht richtig umsetzen, daher wurde weniger releast. Feedback gab es im kleinen Kreis, zum Beispiel in der Schule und im Umfeld. Aber an dem Punkt gab es keinen Blow-Up. Das war in der 8. Klasse, also vielleicht so um 2010 rum.« Mit der Zeit lernen die beiden aber dazu und Kaz kriegt für seine Produktionen mehr Aufmerksamkeit. »Irgendwann hat es bei Kaz „Klick“ gemacht und er hat verstanden, wie er sich vermarkten muss und wer die Leute sind, die er erreichen will. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass es jetzt losgeht und was Größeres passiert. Von dem Punkt an, habe angefangen, ihm mehr zuzuhören und ihm die Anführerrolle zu überlassen. Wenn man eine Crew hat und jemand schafft es zuerst, diesen Connect zu machen … You try to support that person.«

»Ich glaube, dass man es hören und sehen kann, wenn neue Musik mit den alten Sachen verankert ist.«

Nali über den Oldschool-Einfluss

Aber auch Nali hat in der Zwischenzeit Fortschritte gemacht und 2020 eine Mixtape-Serie names »Mic Check«, sowie die »Mondwächter EP« releast. Dort zeigt er sein Potential, das klar von seiner klassischen Rapsozialisation beeinflusst ist. Es geht um’s Cyphern, Kopfnicker-Beats und schlichten Spaß am Spiel mit Worten. »Die Mic-Check Sachen sind zusammengewürfelte Dinge von früher. Ein paar Leute sollten mich erstmal kennenlernen, damit ich eine kleine Fanbase aufbauen kann, bevor ich die EP samt teuren Videos raushauen wollte. Die EP ist eine richtige EP, in die viele Gedanken geflossen sind. Ich bin nach wie vor eng mit dem Oldschool-Film verbunden. Die neue Musik, die ich höre, ist auch sehr von diesen Sachen inspiriert. Ich glaube, dass man es hören und sehen kann, wenn neue Musik mit den alten Sachen verankert ist. Und es gibt auch moderne Musik, die sehr frei davon ist. Ich feier‘ beides. Ich finde die New Wave unglaublich spannend und feier‘ das Trap-Zeug. Ich mache auch Trap-Musik und hänge viel mit den Leuten, die das machen. Aber ich muss ehrlich zu mir selbst sein und ehrlich zu dem, was ich bin. So kann ich die beste Musik machen: Indem ich das verwende, was ich seit Jahren aufgebaut habe.«

Die Einflüsse von Trap und der New Wave sind vor allem auf Nalis neuen Projekt »Joga Bonito« zu hören. Produziert wurden die Songs von BHZ-Member MotB, mit dem Nali schon länger zusammenarbeitet. »Ich bin in Schöneberg großgeworden und kenne daher die BHZ-Jungs. Wir sind nie super eng gewesen, aber man kennt sich von Home-Parties und Clubs. Da ist man sich ab und zu über den Weg gelaufen. Ich habe früher oft selbst Home-Parties gemacht, da waren sie auch ab und zu am Start. Irgendwann hat man sich abgesprochen, dass man mal Mukke zusammen machen will. Ich glaube das war an dem Tag als „Hoodparadies“ gedreht wurde, das erste Release von MotB. Wenn man im Video richtig hinguckt, sieht man mich in diesem Group-Shirt, ich habe eine rote Cap mit einem „P“ darauf an. An dem Tag haben wir gesagt, dass wir mal was zusammen machen. Das war mehr das Gefühl wie am Anfang, als man Mukke gemacht hat. Man hat sich getroffen und einfach ohne Plan angefangen etwas zu machen. Nebenbei haben wir beide auch an anderen Projekten gearbeitet, die in dem Moment vielleicht Priorität hatten. Aber wir haben uns immer wieder getroffen und irgendwann haben wir gecheckt, dass es ein Projekt wird. Ab dem Punkt haben wir es ernster genommen.«

Das einzige Feature auf »Joga Bonito« ist Nalis drei Jahre jüngerer Bruder Xaver, der bereits seine eigene Karriere gestartet hat und von Nalis Erfahrungen profitiert. »Ich hab ihn da ein bisschen reingezogen. Alles, was ich gemacht habe, wollte er auch machen. Ich habe ihn immer mitgenommen, wir sind schon immer beste Freunde gewesen und er ist krass talentiert. Er guckt mir die ganze Zeit zu und lernt das, was ich mache, viel schneller als ich. Meine Rolle als älterer Bruder besteht darin, dass ich Sachen ausprobiere und checke was geht. Das kann ich ihm dann mit auf den Weg geben, damit er die Sachen, die nicht funktioniert haben, gar nicht erst angehen muss.« Statt brüderlicher Konkurrenz agieren die beiden Brüder als Tag Team. »Es ist krass, wie er sich entwickelt hat. Besser hätte es nicht kommen können.«, meint Nali dazu.

Xaver ist auch für das Cover der EP zuständig. Joga Bonito bedeutet übersetzt »Das schöne Spiel« und wurde häufig als Begriff für den zauberhaften Spielstil brasilianischer Fußballer wie Ronaldinho verwendet. Nali erklärt diese Inspiration so: »Dieses Cover ist von den Murals inspiriert, die man in Berlin manchmal sieht. Als meine Vater eine Zeit lang in Mitte gewohnt hat, gab es gegenüber von uns im Hinterhof vom Tacheles ein Mural. Ich glaube, das ist sogar ziemlich bekannt. Da tunnelt ein Spieler den anderen. Mein Bruder kennt das auch, hat es im Internet wiedergefunden und es dann versucht nachzubauen. Es sind Ronaldo und Ronaldinho, natürlich mit unseren Köpfen.« Gegner werden gedribbelt!

»Joga Bonito« ist am 05.03. erschienen.
Beitragsbild: William Tran

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