Ulysse – Je Suis Ulysse // Review

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(Beefhaus)

»Ulysses«, so der Titel des Jahrhundertromans von James Joyce, einem Meilenstein der mo­dernen Literatur, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil der irische Autor sich im Jahr 1922 als einer der ersten des »Stream Of Consciousness« bedient hat – einer ­Technik, bei der die Gedanken und Gefühle der Charaktere ohne große Erklärungen und Einordnungen runtergerattert werden. Ähnlich funktioniert auch das Debüt des Karlsruhers Ulysse, und daher möglicherweise die Wahl des Künstlernamens. Auf zwölf Tracks spuckt der nämlich ungefilterte Geschichten aus einer Jugend zwischen Armut, häuslicher Gewalt und Rauschgift auf minimalistische Sample-­Beats mit düsteren Synthie-Elementen und wechselt dabei ansatzlos zwischen Deutsch und seiner Muttersprache Französisch. Was schnell gestelzt wirken kann, meistert Ulysse jedoch geschmeidig: »Schau’n um uns rum und dem Blaulicht hinterher/Währenddessen wird das Ott geklärt, pour les gens est-il nécessaire?«, heißt es auf »Debrouille«. Im Gegensatz zu Joyce’ Epos braucht Ulysse für seinen mit­reißenden Gedankenstrom nur angenehme 36 Minuten, und das ist logisch: Denn getrieben wird der 22-Jährige dabei von einer Energie, die jeden Duracell-Hasen vor Neid erblassen lässt. Auf »Je Suis Ulysse« gibt es keine Pausen. Überladen wirkt die Platte dank smoother Produktionen, unter anderem von Dasaesch und Funkvater Frank, die stets irgendwo in der Schwebe zwischen Oldschool und modernen Einflüssen hängen, trotzdem nicht. Inhaltlich liefert »Je Suis Ulysse« wenig Neues. Straftaten mit »Skimaske« tauchen genauso auf wie die obligatorische Hymne an die unantastbare »Mannschaft« und die Heimatstadt (»KAWGA«). Macht aber nichts, denn die Alleinstellungsmerkmale des Rappers aus der Fächerstadt überwiegen: saubere Produktionen und kratzbürstiger Flow mit leichtem Hang zur Frankophilie. »Je Suis Ulysse« ist ein stabiles Debüt mit dem Potenzial, verschiedene Rap-Generationen zufrieden gemeinsam mit dem Kopf nicken zu lassen.

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