Kollegah feat. SSIO & Karate Andi
Chronik III
Testo: Den Ssio-Part fand ich ganz geil. Kollegah ist gar nicht mehr mein Fall, das fühle ich nicht mehr. Früher fand ich die Reimketten noch interessant, aber heute gibt mir so was nichts mehr, und diese humoristische Ebene geht dem auch immer mehr verloren. Kolle ist eine Art Karikatur eines traurigen Geschäftsmanns. Ein Handwerker, der gar keinen Spaß mehr an seiner Arbeit hat. Ist bestimmt privat ein total netter Typ, aber ich kann mir nicht mal mehr seine ganzen Bosslife-Blogs anschauen, ohne das traurig zu finden.
Die Selfmade-Tour wurde gerade abgesagt. Sind das schon Anzeichen für einen bevorstehenden Overkill?
Grim104:: Nein, die Tour wurde ja aus produktionstechnischen Gründen abgesagt – eine sehr schöne, diplomatische Umschreibung. Das klingt, wie wenn sich Prominente aus unüberbrückbaren Differenzen trennen …
Testo: … oder LionT und Dagi-Bee sich trennen und dann behaupten: »Wir sind aber immer noch cool miteinander.« Ich finde ja, Farid wird immer cooler und lustiger, und Kollegah verbitterter und langweiliger. Bei Karate Andi bin ich echt gespannt, was auf Selfmade gehen wird. Was das Label besser als alle anderen gemacht hat, ist, dass nicht alle Künstler dort gleich klingen, so wie das früher bei Deutschrap-Indies der Fall war. Selfmade greift ganz bewusst verschiedene Zielgruppen und Spektren ab.
MoTrip
Mama feat. Haftbefehl
Testo: MoTrip hat eine coole Rapperstimme und Art und Weise zu rappen. Sehr angenehm. Das ist geil.
Grim104: Super Video auch. Man sieht sie die ganze Zeit im Wagen und denkt, sie überfallen einen Laden. Und dann – Achtung Spoileralarm – stehen sie vor einem Blumenautomaten. Das hätte auch von Fleurop gesponsert sein können.
Testo: Das sind einfach Künstler, bei denen man sieht, dass sie sich krass Mühe geben. »So wie du bist« ist auch ein guter Radiotrack und ein mieser Ohrwurm und Hafti immer ein Gewinn als Featurepartner. Das sind einfach eigenständige Künstler. Davon kann es nicht genug geben.
Götz Alsmann & Jan Böhmermann
Mit dem BMW (Fler-Cover)
Testo: Anfang des Jahres hatten wir bei »16Bars« eine Talkrunde mit Audio88 & Yassin. Da habe ich den noch so hart gehatet und fand das blöd, dass er sich so arrogant über Rapper lustig machte. So auf: »Hahaha, diese dummen Rapper, ich kann euch gerne Lesen und Schreiben beibringen.« Dann hat er uns in diese Deutschrap-History aufgenommen, was uns schon sehr gefreut hat. Man muss auch überlegen, dass für uns als Rapszene diese ganzen Statements schon peinlich wirken. Wie schlimm ist das dann bitte für Außenstehende? Gerade durch dieses Unverständnis ergibt sich dieses komödiantische Mittel, das Böhmermann nutzt.
Grim104: Klar, kann man ihm das verübeln, wenn man möchte. Ich muss mich jetzt auch nicht schützend vor jedes Fler-Interview stellen und jeden Satz verteidigen. Den Witz hier finde ich aber tatsächlich nicht so gelungen.
Testo: Ich habe immer den Drang, mich demonstrativ vor jeden Rapper zu stellen. Gerade, wenn wir vom Feuilleton interviewt werden. Aber das muss man vielleicht auch vertragen können. Man muss auch über sich selbst oder – in diesem Fall – über die eigene Szene lachen können.
Grim104: Fler ist ja der letzte erfolgreiche Rapper aus dieser bestimmten Ära, der sich nicht verändert hat. Sido ist der selbstironische lustige Kurt-Krömer-Opi geworden und Bushido der dunkle Prominente – der Alain Delon des Rap. Fler hat diesen MC-Bogy-Effekt, der macht einfach keine Witze, und wird noch in zehn Jahren karikaturistische Videos wie die von Stupido sperren lassen.