Young Thug – Beautiful Thugger Girls // Review

-

(Atlantic Records)

Wertung: Vier Kronen

Wie ein Roadtrip mit Young Thug durch die USA aussehen könnte? Alles ist bunt. Die Haare, die Pillen im Handschuhfach, die glitzernde Designerkleidung und der Bus voller Neuzeit-Hippies. Irgendwann sitzt Thugger dann wahrscheinlich alleine in einer Blockhütte: oberkörperfrei, die Akustikgitarre gesattelt, Blick konzentriert. So jedenfalls inszeniert sich Atlantas wichtigster Weirdo auf dem Cover seines neuen Mixtapes »Beautiful Thugger Girls«. Als reisender Denker, der innehält. Ein Track-Sammelsurium, auf dem eine Art synthetischer Country kreiert wird, ist so entstanden. Weil die Gitarren klingen wie von Fruity Loops-Effekten geprügelt. Eigentlich zeichnete Thuggers Musik ja immer dessen Unmittelbarkeit aus, Tracks als vertonte Kurzschlussreaktion. »Beautiful Thugger Girls« dagegen klingt ausgereifter und homogener. Es wirkt so, als hätte sich Young Thug das erste Mal in seiner Karriere einen Plan gemacht. Einen wirren zwar, aber einen Plan. Er nähert sich plötzlich weichgespülten Pop-Balladen an, die nach einer berappten Version von Enrique-­Iglesias-Songs klingen (»Me Or Us«). Klar, im Hintergrund ballern die 808s und kreischen die Synth-Elemente. Die Krächzorgien gibt es, aber geringer dosiert. Der Autotune ist subtiler als sonst eingesetzt. Und dann plätschert das Mixtape eben so weiter. Frauen werden befriedigt, teure Sachen werden gekauft, teure Drogen werden (mit Snoop Dogg) geraucht. Doch dazu finden sich autobiografische Elemente in den Texten, die es vorher selten gab. Introspektion, erstmals so richtig. Schon »Family Don’t Matter« behandelt dann die Treue zur Familie. »Beautiful Thugger Girls« ist einer von vielen guten Young-Thug-Momenten, der leider ohne große musikalische Brüche auskommt. Tracks werden eins. Wo hinten und vorne ist wird nichtig. Wie ein Roadtrip mit Young Thug aussehen könnte, ist am Ende völlig egal. Viel wichtiger: »Beautiful Thugger Girls« ist ein Trip durch einen Kopf, dessen Gedankenwelt sich diesmal klarer entschlüsseln lässt. Gut für alle mit Verständnisproblemen. Schlecht für die nach dem Absurden gierenden.

Text: Johann Voigt

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein