Yo Gotti – I Still Am // Review

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(Epic Records / Sony Music)

Wertung: Drei Kronen

Yo Gotti wurde betrogen: von Frauen, seiner eigenen Squad und einer Reihe nicht näher bestimmter Personen. Bereits in den ersten acht Zeilen des Albums rechnet der Rapper aus Memphis mit falschen Freunden und echten Feinden ab, auch im weiteren Verlauf von »I Still Am« drehen sich die Geschichten immer wieder um Betrug. Seinem düsteren neunten Album verleiht das einen paranoiden Unterton: Yo Gotti gegen den Rest der Welt. Dabei hätte man erwartet, dass der 36-Jährige seinen ­Frieden mit der Welt geschlossen hat, nachdem ihm im letzten Jahr mit »Down In The DM« über das lüsterne Verhalten auf Instagram der erste Hit seiner Karriere gelang. Bis heute wurde das Video alleine auf Youtube 120 Millionen Mal geklickt. Nach zwei Dekaden im Rap-Geschäft mit mehr als dreißig Releases verspürte Yo Gotti plötzlich wieder Druck, wie er im Song »81« auf seinem letzten Mixtape »White Friday (CM9)« eingesteht. Zwar ist die Vorabsingle »Rake It Up« aus »I Still Am« bereits ähnlich erfolgreich, allerdings offenbart der Track mit Nicki Minaj auch Yo Gottis Schwäche. Wenn er mit seiner leicht heiser rasselnden Stimme kurze Patterns wiederholt, die ähnlich metallisch klingen wie die Hi-Hats von Produzent Mike WiLL Made-It im Hintergrund, gibt er dem Song zwar genau das, was er braucht, lässt aber vermissen, was Nicki Minaj ab der ersten Zeile beweist – nämlich Wiedererkennungswert. Weder seine Storys über den alltäglichen Hustle, das (ehemalige) Gangster-Dasein und seine Liebe für die Hood noch sein Flow sind wirklich einzigartig. Dafür zeichnet sich seine Diskografie insgesamt durch eine beeindru­ckende Konstanz aus – ohne Ausbrüche nach oben oder unten. Das gilt auch für »I Still Am«, für das Yo Gotti vor allem mit Produzenten aus Atlanta wie Southside, Zaytoven oder eben Mike WiLL Made-It zusammengearbeitet hat. Lediglich der letzte, von Ben Billion$ produzierte Track »Around The World« bricht aus dem düsteren, Trap-infizierten Soundbild aus. Ein Kinderchor und eine eingängige Flötenmelodie begleiten Gotti auf seinen Weltreisen, die ihn am Ende – natürlich – immer wieder zurückführen in seine Hood.

Text: Daniel Welsch

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