Noch vor fünfzehn Jahren wäre eine Band wie Shabazz Palaces kaum vorstellbar gewesen. Zu verspielt, zu experimentell und, ja, zu »artsy« klingt die Crew aus Seattle. Im Jahr 2011 – Flying Lotus ist in aufgeklärten HipHop-Kreisen so konsensfähig wie die MPC 2000XL – sehen die Vorzeichen anders aus.
Shabazz Places wurde von Ishmael »Butterfly« Butler gegründet und zunächst vor allem von Geschmäckler-Blogs wie gorillavsbear.net bejubelt. Dabei müsste beim Namen »Butterfly« zumindest bei erwachsenen Hörern eine mittelschwere Kuhglocke im Langzeitgedächtnis läuten. Zu Beginn der Neunziger gründete Butler gemeinsam mit Craig »Doodlebug« Irving und Mary Ann »Ladybugg Mecca« Vieira die Digable Planets. Formal existierte die Band nur drei Jahre (1992-1995). Trotzdem sind die Planets mit Recht einer der Vorreiter für Rap mit Jazz-Kante. Klar, an das Standing der übermenschlich großen A Tribe Called Quest kommen sie nicht heran. Trotzdem waren Digable Planets auf etwa Mos Def und Common ein großer Einfluss. Ihr Debüt »Reachin‘ (A New Refutation of Time and Space)« ging Gold. Der Nachfolger »Blowout Comb« erschien bereits im nächsten Jahr. Danach löste sich die Band jedoch unverhofft auf. Mecca beklagte sich zunächst nur über geschäftliche Differenzen, nach dem Tod beider Elternteile waren die Digable Planets endgültig am Ende. Im neuen Jahrtausend tingelten Doodlebug und Butterfly zwar wieder gemeinsam mit Live-Band durch die Welt, auf neue Musik warten ihre Fans aber weiterhin vergeblich.
Digable Planets – Rebirth of Slick von oublierleracismeskyblog
Für die Digable Planets mag der letzte Vorhang gefallen sein, zumindest aber für Ishmael Butler begann bereits 2009 ein neues Kapitel. In diesem Jahr zog er zunächst von New York zurück in seine Geburtsstätte Seattle. Er gründete Shabazz Palaces und veröffentlichte zunächst zwei EPs. Sein Name tauchte jedoch nirgendwo auf, die Menschen hinter der Band blieben im Dunkeln. Erst spät wurde bekannt, dass hinter dem futuristischen Sound ein alter Bekannter steckte. Nach dem üblichen Blog-Hype unterschrieben Shabazz Palaces bei »Sub Pop Records«. Der Name dürfte vor allem passionierten Indie-Hörern und beinharten Nirvana-Fans ein Begriff sein. Vor ihrem Wechsel in die Major-Welt musizierte die Band von Kurt Cobain für die Firma aus Seattle.
Ihr erstes Album bei der neuen Heimat erscheint am ersten Juli und wird sicher den einen oder anderen Hörer zunächst ratlos zurücklassen. Der erste Schock folgt bereits beim Blick auf die Tracklist: »The King’s New Clothes Were Made By His Own Hands«, »Endeavors For Never (The last time we spoke you said you were not here. I saw you though.)« und so weiter. Ihr versteht, wovon wir sprechen?
Shabazz Palaces – Swerve… by subpop
Die bereits vermutete Eigenartigkeit von Shabazz Palaces wird auch durch die Musik selbst bestätigt. Die Instrumentals werden häufig von tonnenschweren Basslines getragen – oder von verzerrten Vocal-Sprengseln aus einer ganz anderen Dimension. Mit Vergleichen wird man dem Gehörten nicht gerecht. »Black Up« klingt trotzdem wie eine Jam-Session von Dilla und Flylo .
Shabazz Palaces – Lost Foundling by subpop
Über allem thront die Stimme des band-eigenen Masterminds Ishmael Butler. Manchmal klar und deutlich im Vordergrund, manchmal aber auch verzerrt aus der Tiefe des Beats. Die Texte streifen unter anderem die afroamerikanische Identität der Musiker und erzählen von dem Wunsch nach künstlerischer Freiheit. Manchmal versteht man aber auch einfach überhaupt gar nix. Das alles mag den einen oder anderen Hörer möglicherweise überfordern. Bei aller Verschrobenheit ist »Black Up« trotzdem ein faszinierendes Album, das einen früher oder später nicht nur sprachlos sondern auch begeistert zurück in die reale Welt schickt.